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Meinung: Missverstanden

Das zeugt nicht gerade von Souveränität. Warschaus Bürgermeister, der ehemalige polnische Premier Kasimierz Marcinkiewicz, sagt seinen Berlin-Besuch ab, weil hier die Vertriebenen-Ausstellung „Erzwungene Wege“ gezeigt wird.

Das zeugt nicht gerade von Souveränität. Warschaus Bürgermeister, der ehemalige polnische Premier Kasimierz Marcinkiewicz, sagt seinen Berlin-Besuch ab, weil hier die Vertriebenen-Ausstellung „Erzwungene Wege“ gezeigt wird. Er fürchtet um seine Chancen bei den Kommunalwahlen im Herbst. Sein Besuch könne missverstanden und ausgenutzt werden, lautet seine Begründung. Auf viele Polen wirkt die Ausstellung wie ein rotes Tuch, sie meinen, das Leid der aus Polen Vertriebenen stehe im Vordergrund, die eigenen Leiden aber würden nicht anerkannt. Über die Ausstellung lässt sich sicher trefflich streiten, auch in Deutschland ist sie nicht unumstritten. Genau darum geht es aber auch: den Streit führen. Sich mit der anderen Meinung auseinandersetzen. Marcinkiewicz hätte zum Beispiel in die Ausstellung gehen und seine Sicht der Dinge erläutern können. Wie hätte ihn da zu Hause jemand missverstehen können? So wirkt die Absage wie billige Effekthascherei auf Kosten derer, die sich eine stärkere Annäherung an die Nachbarn wünschen. Oder einfach wie – mit Verlaub – politische Feigheit. Oder haben wir da etwas missverstanden? mue

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