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Jan Delays Aussagen über Heino werden wohl die Gerichte beschäftigen.

© Imago

Nach Nazi-Vorwürfen gegen Heino: Die einfache Welt des Jan Delay

Der deutsche Rapper Jan Delay hat den deutschen Schlagersänger Heino als Nazi beschimpft. Matthias Kalle kann über solche absurden Vergleiche nur den Kopf schütteln und hält sich lieber fern von deutscher Musik.

In den vergangenen Tagen habe ich mich von Medien ferngehalten – nicht aus einem bewussten Verzicht: die Umstände waren halt so. Zunächst habe ich quasi überhaupt kein Fernsehen geschaut, weil ich ein wenig sauer war, dass an Ostern im Prinzip überhaupt keine Bibel-Filme kamen (abgesehen von diesem seltsamen Mehrteiler auf Vox). Ich will an Ostern Bibel-Filme schauen, so wie ich an Weihnachten „Ist das Leben nicht schön“ schauen will. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem man Wiederholungen sehr schätzt.

Ich war dann im Kino. „Noah“. Auch seltsam. Irgendwie ganz gut – aber irgendwie auch ganz schlecht. Nun ja, ich bin kein Filmkritiker, und ich weiß auch nicht, wie Filmkritiker diesen Film beurteilt haben, denn ich habe wie gesagt sehr wenig mitbekommen. Außer einer Sache: Der deutsche Rapper Jan Delay hat über den deutschen Schlagersänger Heino gesagt, dass der ein Nazi sei, was der wiederum gar nicht gut fand (ob überhaupt jemand das nicht als Beleidigung auffassen würde? Wahrscheinlich hätte auch Goebbels geklagt, wenn ihn jemand Nazi genannt hätte). Jedenfalls sagte Delay der österreichischen Zeitung „Die Presse“ als es um Heinos Album von Coverversionen deutscher Poplieder ging, auf dem er auch ein Lied von Jan Delay sang: „Alle sagten plötzlich: Ist doch lustig, ist doch Heino. Nee, das ist ein Nazi.“

Absurde Nazi-Vergleiche

Puh. Abgesehen davon, dass man das in Deutschland so langsam unterlassen sollte, sind Nazi-Vergleiche auch nicht sonderlich originell, es gab ja schon alle Nazi-Vergleiche, es gab Garten-Nazis und Fahrschul-Nazis und immer zeigte der Vergleich eine gewisse Unfähigkeit, das Unbehagen gegenüber jemandem wirklich auf den Punkt zu bringen. Lustig war es zweimal, in der amerikanischen Zeichentrickserie „Die Simpsons“, als Homer mal über jemanden sagte: „Sie sind schlimmer als Hitler“ und als es in einer fiktiven TV-Serie um Kommunistennazis ging. Die ganze Absurdität des Nazi-Vergleichs wurde hier humorvoll vorgeführt.

Aber Humor ist Delays Sache scheinbar nicht – er beschäftigt sich lieber mit „den anderen“, um sich dadurch abzuheben: Westernhagen nannte er einen „Heuchler“, mehreren Popstars warf er vor, dass sie sich in Talkshows setzen würden. Wer wirft Jan Delay vor, dass er Interviews gibt?

Jan Delay bekundete Sympathie für die RAF

Zum Beispiel und zum Glück der geschmackssichere Kollege Andreas Borcholte auf Spiegel Online. Der schrieb gestern einen Kommentar zum Nazigate von Delay und erinnerte an die Sympathie des Rappers für die RAF, in der er aus einem Interview mit der „taz“ aus dem Jahre 2007 zitierte. Delay: „Damals gab es Menschen, die haben tausendmal mehr Haltung an den Tag gelegt als heute irgendjemand. Das fand ich einfach krass und bewundernswert.“

Es scheint eine sehr einfache Welt zu sein, in der Jan Delay lebt, aber mein Gott: Der Mann macht Musik, niemand kommt auf die Idee, Musiker für schlauer, gebildeter, reflektierter zu halten als andere – und dafür nehmen Politiker ja auch ganz selten Musikalben auf.

Vor kurzem ist ein neues Musikalbum von Jan Delay erschienen. Da passt der mediale Wirbel ja eigentlich ganz gut. Das Album soll nicht so besonders sein. Habe ich jedenfalls jetzt gelesen. Gehört habe ich nichts davon, denn ich halte mich fern von deutscher Musik, ich kann damit einfach nichts anfangen. Außerdem habe ich panische Angst, wenn ich die hören würde, könnte mich jemand als Nazi beschimpfen.

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