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Nebeneinkünfte: Ein Amigo macht noch keine Mafia

Otto Schily will seiner einer Pflicht als Bundestagsabgeordneter nicht nachkommen und seine Einkünfte offenlegen. Der Fall zeigt, dass die Transparenzregeln des Bundestags keine Transparenz bringen. Aber man darf dennoch nicht alle über einen Kamm scheren.

Von Antje Sirleschtov

W er mitten im Getümmel steckt, hält sich mit schnellen Urteilen besser zurück. Ein weiser Ratschlag für diese Zeiten. Denn wir stecken mitten in einer undurchsichtigen politischen Lage, in der es um so atemberaubende Verbrechen wie Machtmissbrauch, Korruption und Steuerhinterziehung geht. Und natürlich um Moral, um gesellschaftliche Normen und um das Vertrauen der Menschen in die Mächtigen.

Otto Schily erscheint vielen jetzt wie ein Paradebeispiel eines korrupten Politikers. Gerade jetzt, da so viel über den Moralverlust vermeintlicher Stützen der Gesellschaft ans Licht kommt, verweigert der Bundestagsabgeordnete die Offenlegung seiner Einkünfte. Genauer gesagt, er weigert sich, dem Bundestagspräsidenten eine Information der folgenden Güte zu geben: Mandant 1, Einkünfte Kategorie 3; Mandat 2, Einkünfte Kategorie 1 etc. Zu nicht mehr und nicht weniger zwingen Schily – wie jeden Angeordneten des Bundestages auch – die Transparenzregeln des Parlaments. Und jeder Abgeordnete, der reinen Gewissens von sich behaupten mag, dass er keinen Grund hat, Umfang und Art seiner Nebentätigkeiten zu veröffentlichen, der hält sich auch an die Regeln.

Hat Otto Schily also im Umkehrschluss etwas zu verheimlichen? Hatte er womöglich im fraglichen Zeitraum nur ein einziges Mandat, Einkünfte 140 000 Euro, und fürchtet nun, dass er sich bei dessen Veröffentlichung fragen lassen muss, ob es ein ehemaliger Verfassungsminister mit seinen moralischen Ansprüchen vereinbaren kann, wenn er ein tief in Korruptionsvorwürfe verstricktes Unternehmen wie Siemens dabei juristisch unterstützt, aus dem Schlamassel herauszukommen? Mag sein.

Dass Schily seiner Pflicht als Abgeordneter nicht nachkommen will, zeigt viel über sein Verständnis davon, wie man ein Mandat im Bundestag auszuüben hat und auch, wie viel Wertschätzung er selbst diesem Mandat entgegenbringt. Und man kann, ganz nebenbei, an dem Fall auch etwas lernen über das Binnenklima im Deutschen Bundestag, wo bisher kaum ein Banknachbar im Plenum den Kollegen Schily an seine Pflichten erinnert hat. Obwohl sie doch allen Grund dazu hätten.

Mehr allerdings lehrt der Fall Schily vorerst nicht. Noch nicht mal so viel, dass man mit gutem Gewissen sagen könnte, das Plenum habe sich mit dem Verhaltenskodex vor drei Jahren ein Regelwerk gegeben, das zu größtmöglicher Transparenz beiträgt und dadurch das Ansehen der obersten politischen Führungsschicht im Land stärkt. Denn das, siehe Schily, leisten die Regeln offenbar nicht. Allein, dass der Bundestagspräsident den Ex-Innenminister zwar zu einer Geldstrafe verurteilen, ihn allerdings nicht zur Preisgabe der fraglichen Informationen über seine Nebentätigkeiten zwingen kann, spricht gegen den Befund großer Transparenz.

Dennoch: Schily ist Schily und nicht der Beleg moralischer Verkommenheit einer ganzen politischen Führungsschicht. Genauso wenig, wie einige hundert Zumwinkels die ökonomischen Eliten pauschal zu Verbrechern am Gemeinwesen machen. Ein Amigo macht eben noch lange keinen Mafiaclan.

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