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Meinung: Neues Modell aus Wolfsburg Von alfons Frese

Sie haben es wieder geschafft. Die VWFührung und die IG Metall haben sich auf einen Tarifvertrag geeinigt, auf den viele mit Neid schauen werden.

Sie haben es wieder geschafft. Die VWFührung und die IG Metall haben sich auf einen Tarifvertrag geeinigt, auf den viele mit Neid schauen werden. Nicht nur bei Opel. Denn die Arbeitsplätze bei VW sind bis 2011 sicher, und gleichzeitig wird das Unternehmen mit seinen Produkten wettbewerbsfähiger, da die Arbeitskosten sinken. Das ist so neu nicht: 1997 gab es bereits bei Ford eine langfristige Investitionsvereinbarung; die Ford-Beschäftigten bezahlten das mit einer Kürzung ihrer übertariflichen Zulage. Und im vergangenen Juni endete der Tarifkonflikt bei Daimler-Chrysler mit einem ähnlichen Abkommen: Die C-Klasse wird weiter in Sindelfingen gebaut, doch die Belegschaft leistet einen Sparbeitrag von 500 Millionen Euro.

Die Belegschaft? Das stimmt nicht ganz. Denn bei Daimler-Chrysler wie jetzt auch bei VW gibt es Besitzstandsschutz: Den Arbeitnehmern, die schon da sind, wird so gut wie nichts genommen. Aber die, die neu eingestellt werden, kriegen deutlich weniger. Die IG Metall lässt sich auf so etwas ein, weil sie ihren angestammten Leuten nicht in die Tasche greifen will. Gleichzeitig verabschiedet sie sich vom Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ und nimmt die Spaltung der Belegschaft in Kauf. Zumindest für einen Übergangszeitraum. Denn die zum Teil erstaunlichen Löhne in der deutschen Autoindustrie sind zumindest bei den Massenherstellern auf Grund des globalen Wettbewerbs nicht mehr zu halten. Das war schon vor ein paar Jahren klar, als VW nur mit dem alternativen, kostengünstigeren Tarifmodell 5000 mal 5000 eine neue Fertigung in Wolfsburg etablieren konnte. Im aktuellen Streit ging es auch um ein neues Produkt. Mit dem Kompromiss konnte die Gewerkschaft den 2007 auf den Markt kommenden kleinen VW-Geländewagen nach Wolfsburg holen.

Darüber hinaus gibt es Investitionszusagen für alle Werke. Ferner wollen Unternehmen und Betriebsräte Prozesse optimieren, die Weiterqualifizierung verbessern und die Arbeitsbedingungen so gestalten, dass auch Kollegen über 60 noch arbeiten können. Doch dann nicht mehr so viel, denn künftig muss jeder VW-Mitarbeiter mindestens 66 Arbeitsstunden im Jahr auf ein Konto buchen. Das Guthaben kann im Alter verbraucht werden. Das Prinzip dahinter ist schlicht, aber bislang nicht in Tarifverträge geflossen: Der Junge arbeitet länger als der Alte. VW versucht damit eine Antwort auf die demografischen Probleme zu finden – und schreibt wieder einmal Tarifgeschichte.

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