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PORTRÄT ELLA PAMFILOWA MENSCHENRECHTSBEAUFTRAGTE:: „Niemand hat mich dazu gedrängt“

Meine Entscheidung war eine persönliche, niemand hat mich zum Rücktritt gezwungen. Zu den Gründen möchte ich derzeit nichts sagen.

Meine Entscheidung war eine persönliche, niemand hat mich zum Rücktritt gezwungen. Zu den Gründen möchte ich derzeit nichts sagen.“ Beobachter können daher nur mutmaßen, warum Ella Pamfilowa, Dmitri Medwedews Beauftragte für die Zivilgesellschaft und Koordinatorin seines Beraterstabs für Menschenrechte, gestern das Handtuch warf.

Hiesige Bürgerrechtler und die liberale Opposition, für die Pamfilowa während der 90er in der Duma saß und deren Wertekanon sie teilt, werteten die Amtsniederlegung als Enttäuschung und Protest. Unmittelbarer Anlass war aus ihrer Sicht ein umstrittenes Gesetz, das die Kompetenzen von Inlandsgeheimdienst FSB beträchtlich erweitert. Dessen Beamte sollen künftig das Recht haben, Bürger vor noch nicht begangenen Handlungen zu warnen, die strafrechtlich relevant werden können. Wer die Auflagen der „Organe“ nicht erfüllt oder deren Tätigkeit behindert, muss mit Bußgeldern und Haft bis zu 14 Tagen rechnen. Die liberale Opposition hatte gehofft, Medwedew werde Nachbesserungen verlangen, doch der griff am Mittwoch allen Bedenken zum Trotz zur Feder.

Auch Pamfilowa hatte das Gesetz kritisiert. In der ihr eignen Form. Mit sanfter Stimme und Sätzen voller Konditional und Konjunktiv – grammatischer Krücken, die dem Gesagten die Schärfe nehmen. Von Frontalangriffen hält die 57-jährige EDV-Ingenieurin, die Jelzin in den 90ern als Sozialministerin diente und 2000 als bisher erste und einzige Frau Russlands für das Amt des Präsidenten kandidierte, nichts. Sie setzt auf Diplomatie, auf die Politik der kleinen Schritte, und erzielte damit zumindest Teilerfolge: in Sachen Tschetschenienkrieg, Humanisierung des Strafvollzugs oder Presse- und Meinungsfreiheit.

Der eigentliche Grund für Pamfilowas Rückzug dürfte tiefer liegen: in der großen Enttäuschung darüber, dass bisher weder Wladimir Putin, der ihr das Berateramt 2004 antrug, noch Nachfolger Medwedew ihren Sonntagsreden zu Demokratie und Menschenrechten auch nur im Ansatz konkrete Taten folgen ließen. Mehr noch: Beide stellten sich kein einziges Mal schützend vor Pamfilowa, wenn diese von großrussischen Hurrapatrioten angepöbelt wurde. Und nicht nur sie. Mit ähnlichen Angriffen sieht sich auch der Menschenrechtsbeauftragte des russischen Präsidenten konfrontiert: Wladimir Lukin, der wie Pamfilowa zu den Demokraten der ersten Stunde gehört.Elke Windisch

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