zum Hauptinhalt
Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung, wenn sie Panzer nach Saudi-Arabien liefert?

© dpa

Panzer an die Saudis: Geheim geht gar nicht

Mit den Geheimgesprächen über Panzerlieferungen an die Saudis hat sich Schwarz-Gelb mit traumwandlerischer Sicherheit ein weiteres Problem aufgehalst. Warum? Verschiedene Interessen haben ihren Anteil an diesem Geschäft.

Von Hans Monath

Hat diese Regierung nicht schon genug Probleme? Eigentlich müssten der Dauerstreit um die Steuersenkung, die gegenseitigen Verdächtigungen und das Buhlen von Union und FDP um neue Partner völlig ausreichen, um das Ansehen der Koalition dauerhaft zu ruinieren. Und doch hat sich schwarz-gelb mit traumwandlerischer Sicherheit ein neues Großproblem aufgehalst.

Es geht um das heikle Thema Rüstungsexporte. Bis heute ist die Meldung nicht dementiert, wonach der Bundessicherheitsrat dem Export von 200 Kampfpanzern des Typs Leopard nach Saudi-Arabien zugestimmt hat. Man muss kein Alarmist sein, um zu fragen: Wo, bitte, bleiben da die Menschenrechte? Was ist mit der Sicherheit Israels, dessen Existenzrecht die Bundeskanzlerin aus deutscher Staatsräson verteidigen will?

Die Faktenlage ist zur Stunde noch dürftig. In Regierungskreisen wird aber bereits bestätigt, dass der Bundessicherheitsrat - ein Kabinettsausschuss unter Vorsitz der Kanzlerin Angela Merkel - der Lieferung zugestimmt hat. Geheim muss geheim bleiben, sagt die Regierung trotzig. Allerdings tut sie schon alles dafür, damit sich die Leo-Affäre einfügt in eine ganze Reihe von außen- und sicherheitspolitischen Plumpheiten, die sogar Koalitionspolitiker gegen ihre Minister aufbringt. Schon bei der Enthaltung zur Libyen-Resolution war nicht die Entscheidung das einzige Problem; vor allem versagte die Regierung vor der Aufgabe, sie zu erklären.

Die wenigen Hinweise aus der Koalition deuten darauf hin, dass die Panzer-Lieferung im Interesse wichtiger Verbündeter liegt. Eine Aufrüstung der Saudis richtet sich gegen den Iran. Nur wenn die Saudis sich ihrem gefährlichen Herausforderer gegenüber stark genug fühlen, verzichten sie eventuell auf eigene nukleare Aufrüstung. Es wäre ein Albtraum, wenn eine iranische Atombombe einen nuklearen Rüstungswettlauf in der Region auslösen würde.

Israel fühlt sich deshalb nicht bedroht, weil es Riad inzwischen als stillen Verbündeten gegen die Gefahr aus Teheran ansieht. Für diese Version spricht das Schweigen der USA und Israels zum Rüstungsexport. Beide Länder verstehen es gewöhnlich sehr gut, an moralische Grundsätze zu appellieren, wenn sie durch Berliner Exportgeschäft eigene Interessen berührt sehen.

Neben der Frage der strategischen Interessen geht es aber auch um Glaubwürdigkeit bei den Menschenrechten. Das rigide saudische Regime unterdrückt Frauen, verweigert Religionsfreiheit und faire Wahlen. Seine Sicherheitskräfte halfen kürzlich, den Aufstand im Nachbarland Bahrein niederzuschlagen. Völlig zu Recht fragt deshalb die Opposition in Berlin, ob die Regierung die Lektionen aus dem Umbruch in Nordafrika schon wieder vergessen hat. Damals schworen viele, nie wieder eine Diktatur zu unterstützen, nur weil die schlimmere Übel wie etwa Islamisten bekämpft.

Sollen also die Menschenrechte entgegen allen öffentlichen Beteuerungen der Regierung zurückstehen, weil das Sicherheitsinteresse Deutschlands ein Kräftegleichgewicht zwischen Saudi-Arabien und Iran verlangt? Darf man einem instabilen Regime wie dem in Riad neueste Waffen liefern, die nach einem Umsturz radikaleren Kräften in die Hände fallen können? Und kann man schließlich mit Teheran weiter über das Atomdossier verhandeln, wenn man gleichzeitig dessen Rivalen aufrüstet?

Hinter geschlossenen Türen ging es nicht nur um ein milliardenschweres Rüstungsgeschäft, sondern um strategische Grundsatzfragen. Wer die ohne öffentliche Debatte entscheiden will, ist nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Geheim darf diesmal nicht geheim bleiben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false