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Meinung: Plan B gegen die Bombe

Wenn Europa scheitert, muss die Uno Sanktionen gegen Teheran verhängen Von Hans-Ulrich Klose

Wenn man den „Dramatikern“ der politischen TagesLiteratur glauben will, bereitet sich die amerikanische Regierung auf eine militärische Operation gegen Iran vor; sogar die Ziele für Luftschläge gegen iranische Nukleareinrichtungen seien schon ausgekundschaftet.

Richtig ist folgendes: Iran bemüht sich seit vielen Jahren um den Erwerb beziehungsweise die Entwicklung von Nukleartechnologie, angeblich in der Absicht, sie friedlich (zur Energieerzeugung) zu nutzen. Dass es aber, spätestens seit die Mullahs in Teheran regieren, auch Absicht Irans war und ist, militärische Nuklearmacht zu werden, wurde nicht nur vermutet, sondern bestätigt, durch politische Verschleierungsversuche und Rhetorik und – nicht zuletzt – durch das Raketenprogramm Irans, das nur bei nuklearer Rüstung Sinn ergibt.

Die USA, aber auch die Europäer wollen verhindern, dass Iran militärische Nuklearmacht wird, weil dies die strategische Lage im Mittleren Osten nachhaltig verändern würde, zu Lasten von Israel, mit hohem Risiko für die arabischen Ölstaaten, mit bedrohlichen Auswirkungen auch für den Westen und die westliche Führungsmacht USA, die von den Mullahs als Feind gesehen und „Satan“ genannt wird.

Dass die USA versuchen, dies zu verhindern, und dass Präsident Bush dabei keine Option ausschließt, entspricht amerikanischen Interessen. Die Europäer reagieren jedoch, wenn von militärischen Optionen die Rede ist, ablehnend. Sie setzen auf eine Verhandlungslösung: Iran soll sich zu einem nicht nur zeitweiligen, sondern endgültigen und kontrollierten Verzicht auf die Installation des vollen Kernstoffkreises bereit erklären; Europa offeriert als Gegenleistung politische, ökonomische und technologische Zusammenarbeit, an denen Iran interessiert ist.

Washington wiederum beobachtet diese politischen Bemühungen mit Skepsis, weil man den Mullahs ganz generell misstraut und glaubt, sie würden – wenn überhaupt – nur auf Druck einlenken. Angestrebt wird in den USA (und in Israel) ein Sanktionsbeschluss des UN-Sicherheitsrates, der, wenn er zu Stande käme und befolgt würde, schwerwiegende Konsequenzen für die ökonomische Entwicklung Irans haben könnte. Dass dies und nicht die militärische Option der so genannte Plan B ist, hört man nicht nur in Washington, sondern auch in Israel, wo die Besorgnis groß, aber zugleich die Einsicht vorhanden ist, dass es nahezu unmöglich ist, alle (weit verstreuten und zum Teil verbunkerten) iranischen Atomanlagen mit konventionellen Luftschlägen auszuschalten.

Weil das so ist, und weil nach allen bisherigen Erfahrungen Sanktionen nur wenig bewirken (sie werden fast immer unterlaufen), verhandeln die Europäer, und die Amerikaner sehen zu.

Besser wäre es aber, wenn Europäer und Amerikaner kooperieren und sich auf eine gemeinsame Strategie verständigen würden. Noch ist es dafür nicht zu spät. Allerdings darf der Wille zur Gemeinsamkeit nicht immer wieder diskriminiert und in Frage gestellt werden durch dramatische Szenarien, in denen mit wenig hilfreichen Unterstellungen gearbeitet wird. Weder ist der amerikanische Präsident ein schießwütiger Cowboy, noch sind die Herren Blair, Chirac und Schröder realitätsferne Friedensengel. Es geht um die Lösung eines schwierigen Problems durch eine Politik, die „sticks and carrots“ in kluger Dosierung verbindet. Darüber hat der deutsche Außenminister in Washington mit Condoleeza Rice gesprochen; darüber werden Bush und Schröder sprechen, wenn sie sich in vier Wochen in Mainz treffen. Nur darum geht es, nicht um die Vorbereitung des nächsten Krieges.

Der Autor (SPD) ist stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages.

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