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PORTRÄT AYGÜL ÖZKAN SOZIALMINISTERIN IN HANNOVER:: „Wir brauchen jeden“

Dieser Frau sieht man ihre Launen nicht an, sie tritt immer freundlich auf, lächelt und verbreitet das Gefühl von heiler Welt. Ständig, wie in einem perfekt einstudierten Theaterstück.

Dieser Frau sieht man ihre Launen nicht an, sie tritt immer freundlich auf, lächelt und verbreitet das Gefühl von heiler Welt. Ständig, wie in einem perfekt einstudierten Theaterstück. Was in Aygül Özkan wirklich vorgeht, kann man nur erahnen. Seit einem Jahr ist die 39 Jahre alte Juristin, Tochter türkischer Einwanderer aus Ankara, Sozialministerin in Niedersachsen. Als erste Migrantin in einem Landeskabinett wurde sie damals vorgestellt – von Christian Wulff, der selbst wenig später zum Bundespräsidenten aufstieg. Ein Medienansturm entwickelte sich im April 2010, vor Interviewanfragen konnte sich die Politikerin, die vorher eine unauffällige Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft gewesen war, kaum retten. Auch Drohungen hat es gegeben, Polizeischutz wurde organisiert.

Inzwischen ist es um Aygül Özkan ruhiger geworden. Sie tritt nach wie vor in Talkshows auf, immer wieder wird sie nach den Möglichkeiten einer besseren Integration von Zuwanderern gefragt. Sie formuliert dann Forderungen, tritt aber weder sonderlich provokativ auf, noch besonders hartnäckig. Die Integration ist ihr großes Thema, aber Özkan besetzt es eher pflichtschuldig denn leidenschaftlich. Liegt es daran, dass sie am Ende gar keine Anwältin für eine bessere Integration sein will? Manches spricht dafür, denn schließlich hat sie selbst sich ohne besondere Förderung durchboxen können. Als Studentin der Rechtswissenschaften, als Mitglied der CDU, als Funktionärin in den Unternehmerverbänden.

Özkan, eigentlich vom Wirtschaftsflügel der CDU, besetzt in Niedersachsen das Sozialressort, das sonst Leuten vom Arbeitnehmerflügel zugeordnet wird. Dies ist ein Gegensatz, der sich aber in Wohlgefallen auflöst, denn Özkan zeigt sich beratungsfähig, in den teilweise komplizierten Fachfragen vertraut sie dem Urteil ihrer Fachbeamten.

Die Opposition wirft ihr vor, sie sei früher für Mindestlöhne eingetreten, habe als Managerin des Postdienstleisters TNT allerdings selbst niedrige Löhne mitgetragen. Ernsthaft zusetzen konnten ihr solche Angriffe nicht, zu stark ist das Netzwerk, das die Muslimin Özkan in ihrem Amt trägt. Der Ärger mit dem katholischen Flügel der CDU, der sich über ihre Ablehnung von Kruzifixen echauffierte, hat sich auch gelegt.

Mit großem Medienrummel hat Özkan ihre Amtszeit gestartet. Mittlerweile ist sie in der Unauffälligkeit angekommen.Klaus Wallbaum

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