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PORTRÄT DAVID HEMLER DESERTEUR:: „Ich wollte niemanden belügen“

Im Oktober 1984 desertierte der damals 21 Jahre alte Soldat David Hemler vom US-Luftwaffenstützpunkt „6913. Electronic Security Squadron“ in Augsburg und tauchte ab, ohne jede Spur.

Im Oktober 1984 desertierte der damals 21 Jahre alte Soldat David Hemler vom US-Luftwaffenstützpunkt „6913. Electronic Security Squadron“ in Augsburg und tauchte ab, ohne jede Spur. Noch heute steht Hemler auf der Liste der meistgesuchten Personen der US-Airforce. Jetzt, drei Jahrzehnte später, ist der flüchtige Soldat wieder aufgetaucht. Am Wochenende berichtete er der schwedischen Zeitung „Dagens Nyheter“ von seinem Versteckspiel und seiner schwedischen Identität.

Der Deserteur ist inzwischen Familienvater. Die Nachrichtenagentur Reuters verbreitet ein Bild von ihm, auf dem er digital gealtert wurde. Hemler hat drei Kinder und ist Angestellter einer schwedischen Behörde. Warum er sich nun outet? Er sei es leid, sich weiter zu verstecken, erklärte er. Seine schwedische Frau und seine Kinder habe er erst vor wenigen Wochen eingeweiht. Seine Eltern und sein Bruder glaubten, er sei tot.

Den Militärdienst, sagt Hemler, habe er wegen des hohen Lohns angetreten und um seinen strengen, konservativen Eltern zu gefallen. Das Erwachen sei aber schnell gekommen. Er durfte nicht wie geplant parallel studieren. Er sei deprimiert gewesen. Hemler fühlte sich zudem der Friedensbewegung immer näher. „Deutschland war eine Fantasiewelt. Es war ein reiches schönes Land. In Deutschland wurden die Taliban nicht als Freiheitskämpfer gefeiert, so wie in den USA unter Reagan, der sie ja bewaffnete. Ich hatte immer mehr Bedenken, für diesen Oberbefehlshaber zu arbeiten“, sagt er. Also trampte Hemler erst nach Kopenhagen, dann nach Stockholm. Er gab sich als „geboren in Zürich“ aus und ließ sich beim Steueramt registrieren, nahm einen neuen Namen an und bekam Kinder mit einer Schwedin, was ihm eine Arbeitserlaubnis verschaffte.

„Ich habe mich nicht früher bei meinen Eltern gemeldet, weil die dem Militär nahestanden und mich wohl verpfiffen hätten“, sagt er. Er hatte sich vorgenommen, mit der Kontaktaufnahme zu warten, bis seine Kinder etwas älter wären. Im Mai meldete er sich bei seinem Bruder. Die Verwandten in den Staaten waren vor Freude überwältigt. Sie planen, ihn in Schweden zu besuchen. Es ist die einzige Chance auf ein Wiedersehen. Hemler hofft auf Milde vonseiten der US-Regierung. Doch die Luftwaffe gibt sich unerbittlich. Deserteur bleibt Deserteur. „Sollte er sich auf amerikanischem Boden zeigen, wird er verhaftet, auch wenn er hundert Jahre alt ist“, teilte eine Sprecherin mit. André Anwar

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