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PORTRÄT DIRK NIEBEL (FDP) ENTWICKLUNGSMINISTER:: „Leben in gesicherter Armut“

Der Mann ist Minister und will es wieder werden. Was liegt da näher als eine Sendung, in der ein Schwiegermuttertyp als Gastgeber ein breites Publikum anlockt, das Politik als Unterhaltung konsumiert.

Der Mann ist Minister und will es wieder werden. Was liegt da näher als eine Sendung, in der ein Schwiegermuttertyp als Gastgeber ein breites Publikum anlockt, das Politik als Unterhaltung konsumiert. Andere Wahlkämpfer suchen neue Wähler auf dem Land, Entwicklungsminister Dirk Niebel unterbricht seinen Urlaub und geht zu Markus Lanz.

Klar, das Wort von den Fröschen meidet Niebel nach der Erfahrung von Philipp Rösler, den er an Dreikönig als FDP-Parteichef wegputschen wollte. Aber ein Prinz hoch zu Ross (Fraktionschef Rainer Brüderle) soll es schon sein: „Ich bin auf die Lichtung gegangen, hab mich in die Pfütze geschmissen, damit der Prinz auf seinem weißen Schimmel trockenen Hufes durchreiten konnte.“ Brüderle aber ritt nicht, das Manöver ging „tierisch in die Hose“, und der lädierte Brüderle, mit dem natürlich nichts abgesprochen war, will mit seinem edelmütigen Helfer darüber bis heute nicht sprechen. Das soll Humor sein!

Wenn der braungebrannte FDP- Grande schon mal dabei ist, zahlt er auch gleich noch auf die Hypothek der Partei der Besserverdienenden ein: So erzählt er, wie er sich als Vermittler der Bundesanstalt für Arbeit mal kurzerhand selbst am Schwarzen Brett arbeitssuchend meldete. Der Ineffizienz wegen und nicht wegen des eigenen Einkommens als Zuständiger für „Maler, Lackierer und aushilfsweise den Gastronomiebereich“. 3500 brutto im Monat hätten ihm, dem studierten Verwaltungswirt, „ein Leben in gesicherter Armut“ ermöglicht, sagt Niebel. 2500 netto seien wohl übrig geblieben.

Lanz freut sich, als der Minister ihm erzählt, er habe nicht nur sein aktuelles Ministerium, sondern auch die Bundesanstalt für Arbeit abschaffen wollen. Vielleicht bleibt deshalb in der Sendung unerwähnt, wie hoch das aktuelle Durchschnittseinkommen ist. Es liegt einige hundert Euro unter der Niebel’schen Armutsgrenze. Ein sehr spezieller Humor ist das.

Neben ein paar schlüpfrigen Passagen fragt der Minister, als es um deutsches Wissen über das US-Spähprogramm Prism geht: „Was soll man von einem Geheimdienst halten, der nicht mal einen Teppich unerkannt ins eigene Land bringt?“ Niebels Teppich aus Afghanistan reiste im Flieger des BND-Chefs Schindler. Dass das bekannt wurde, ging wohl auf einen kleinen deutschen Snowden zurück: Schindlers Mitarbeiter wollten dem Chef eins auswischen. Niebel macht seine Niederlagen auch zu denen anderer. Ingrid Müller

Redaktioneller Hinweis: In der Sendung hatte Dirk Niebel von "3500 brutto" gesprochen. Das Entwicklungsministerium legt Wert darauf, dass Niebel damit 3500 D-Mark gemeint habe.

Dirk Niebel hatte nach seiner Zeit bei der Bundeswehr von 1990 bis 1993 an der Fachhochsule des Bundes studiert und schloss dort als Diplom-Verwaltungswirt (FH) ab. Zwischen 1993 und 1998 war er als Vermittler beim Heidelberger Arbeitsamt tätig.

Der Tagesspiegel berichtete am 26. April 1998 unter der Überschrift „Was ist Armut“ über die damalige Debatte. Dort hieß es, meist ermittle man die Armutsquote, indem man feststelle, wie viele Menschen weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens verdienten. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung errechnete, arm sei demnach, wer weniger als 941,50 DM monatlich verdiene. Andere sagten, man könne diese Grenze z.B. auch bei zwei Drittel des Durchschnittseinkommens ziehen.

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