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Porträt: „Es war doch eine Maschinerie“

Königin Silvia von Schweden will untersuchen lassen, welche Rolle ihr deutsch-brasilianischer Vater in der Nazizeit spielte.

Königin Silvia von Schweden tritt überraschend die Flucht nach vorne an. Die deutschstämmige Regentin will nun eine eigene Untersuchung starten, um endlich ein klares Bild über die Rolle ihres 1990 verstorbenen deutsch-brasilianischen Vaters Walther Sommerlath in Bezug auf Nazideutschland und die Judenverfolgung zu bekommen. „Die Familie Sommerlath wünscht Klarheit in einer Reihe von Fragen“, verkündete Hofsprecher Bertil Ternert im schwedischen Privatsender TV4. Der ist auch für einen Großteil der Enthüllungen um Vater Sommerlath verantwortlich.

Zwar wirft der 67-jährigen Königin niemand vor, die Taten ihres Vaters in der Nazizeit beschönigen zu wollen oder gar Sympathien für die damaligen Gesinnungen zu hegen. Doch die Zweifel an Königin Silvias Ehrlichkeit in dieser Sache wuchsen in den vergangenen Jahren mit immer neuen Enthüllungen über ihren Vater.

Walther Sommerlath versicherte kurz vor der Hochzeit seiner Tochter mit König Carl XVI. Gustaf von Schweden in den Siebzigern, dass er nie NSDAP-Mitglied war. Als die schwedische Zeitung „Der Arbeiter” 2003 erstmals die Mitgliedschaft von Königin Silvias Vater in der Auslandsorganisation der NSDAP mit eindeutigen Belegen enthüllte, schwieg die Königin.

Erst sieben Jahre später, im Rahmen der Hochzeitsfeierlichkeiten für Kronprinzessin Victoria mit ihrem Ex-Fitnesslehrer Daniel im Frühling 2010, äußerte sie sich. Die Parteimitgliedschaft ihres Vaters beruhe auf den Umständen der Zeit, sagte sie. „Es war eine Maschinerie, nicht wahr? Er war nie politisch aktiv oder Soldat. Er hatte Verantwortung für die Angestellten der Fabrik, aber er war nie politisch aktiv. Ging man dagegen an, war man gleich gegen die ganze Maschinerie.“

Doch kurz nach der Hochzeit enthüllte TV4, dass Sommerlath zu den Ersten gehört hatte, die der brasilianischen Auslandsorganisation der NSDAP beigetreten waren. Mitgliedsnummer 3592030. Zudem soll er aktiv an der Zwangsenteignung, der sogenannten „Arisierung”, teilgenommen haben: Ein paar Monate vor Kriegsausbruch, im April 1939, übernahm der deutsch-brasilianische Geschäftsmann eine Metallwarenfabrik in Berlin-Kreuzberg, die gerade zwangsenteignet war. Sie hatte zuvor Efim Wechsler gehört, einem Deutschen jüdischen Glaubens.

Wann die Recherche zu Silvias Vater fertiggestellt und der Öffentlichkeit präsentiert werden kann, ist noch offen. André Anwar

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