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PORTRÄT MARGOT HONECKER, WITWE: "Ich habe keine Sehnsucht nach Deutschland"

Von früherer Berühmtheit als mächtigste Frau in der DDR ist kaum mehr geblieben als einige Gerüchte. Eine Einladung könnte Margot Honecker nun noch einmal ins Rampenlicht rücken lassen.

Von Matthias Schlegel

Noch einmal könnte sie das revolutionäre Pathos der gealterten Kämpfer genießen, sich hochleben lassen und an bessere Zeiten erinnern. Verlässt die 81-jährige Margot Honecker ihr Exil, die mit dem schmucklosen grünen Eisentor gesicherte Wohnanlage Comunidad Andalue in einem Vorort von Chiles Hauptstadt Santiago? Daniel Ortega, der Präsident Nicaraguas, hätte sie als Ehrengast liebend gerne bei den Feiern der Revolution der Sandinisten vor 29 Jahren zu Gast; auch ein Verdienstorden wartet am Wochenende in Managua bereits auf Abholung. Frau Ortega verkündete bereits forsch, die Honecker-Witwe „wolle teilnehmen“.

Für die sozialistisch orientierten Befreiungsbewegungen in aller Welt hatte die DDR ein großes Herz. So war auch Ortega als Kopf der Sandinisten, die 1979 den nicaraguanischen Diktator Somoza gestürzt hatten, gern gesehener Gast im Osten Deutschlands. Solche Leute waren die Hoffnungsträger der kommunistischen Machthaber in ihrem Bestreben, das Kräfteverhältnis in der Welt etwas mehr in Richtung Sozialismus zu verschieben. Und indem sich Honecker und Co. mit der klassenkämpferischen Aura des Mannes in der Sandinisten-Uniform umgaben, hofften sie auch, dem erstarrten Staat wieder ein wenig real-revolutionären Kampfgeist einzuhauchen.

Vorwärts, und nicht vergessen. In Nicaragua erinnert man sich des 1993 nach Chile ausgereisten und 1994 dort gestorbenen Kampfgefährten Erich Honecker und seiner Frau in Ehren. So zurückgezogen die Witwe heute auch lebt, die Einladung wird sie beleben. Von früherer Berühmtheit als mächtigste Frau in der DDR ist kaum mehr geblieben als einige Gerüchte. In ihrem Wohnzimmer soll die nach Edith Baumann zweite Frau Honeckers die Urne ihres Mannes verwahren. Mit ihrer Tochter Sonja, die mit einem Chilenen verheiratet war und mit der sie nach ihrer Übersiedlung nach Chile 1992 eng beieinanderwohnte, soll sie sich überworfen haben. Das allerdings hat sie in einem Interview zu ihrem 80. Geburtstag im April 2007 dementiert.

Vor acht Jahren hatten Margot Honecker und der Ex-Generalsekretär der KP Chiles, Luis Corvalan, ein Buch vorgestellt, in dem sie Corvalans Fragen beantwortete. Kritische Einsichten über ihre Rolle als Volksbildungsministerin, die 1964 die Schulen ideologisch ausrichtete und 1978 den Wehrunterricht einführte, blieb die Frau mit den blau gefärbten Haaren indes schuldig. Matthias Schlegel

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