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Porträt: „Mich stört der Hass zwischen den Parteien“

Indien galt als der Wirtschaftsstar in Asien, doch das Land schwächelt. Bei einer Personalrochade wurde nun Finanzminister Pranab Mukherjee zum Präsidenten gemacht. Dahinter steht eine mächtige Frau mit konkreten Interessen: Sonia Gandhi.

Zuletzt sprang die Presse harsch mit ihm um: Als den „schlechtesten Finanzminister aller Zeiten“ verhöhnte ihn die Wirtschaftszeitung „Mint“, der „Economist“ schmähte ihn als Bremser. Nun wird der 76-jährige Politveteran Pranab Mukherjee neuer Staatschef Indiens.

Noch vor kurzem galt das Gandhi-Land als Star Asiens. Nun scheint der Traum vom Aufstieg in Gefahr – und viele kreiden Mukherjee den Reformstau an. Einige spekulieren, er sei in den Präsidentenpalast „weggelobt“ worden, um den Weg für Reformen freizumachen. Als Präsident ist Mukherjee zwar Staatschef, hat aber keine Macht. Die liegt beim Premier. Andere vermuten das Gegenteil: Mukherjees Wahl stehe für eine Politik des Weiterso. Diese Zweifel sind begründet. Seit ihrer Wiederwahl 2009 wirkt die von der Kongresspartei geführte Regierungskoalition paralysiert, keine größere Reform packte sie an. Das rächt sich nun: Die Wirtschaft schwächelt, die Auslandsinvestitionen brechen ein, die Inflation ist rasant.

Mukherjee gehört zur alten Garde der Kongresspartei, trägt stets traditionelle Kurta oder einen Zweiteiler im Mao-Look, und gilt als Loyalist der Gandhis. Bereits Indira Gandhi diente er als Finanzminister, hat über 40 Jahre Indiens Geschichte mitgestaltet und widerspenstige Koalitionspartner eingenordet. Seine Wahl ermöglicht nun eine Kabinettsumbildung. Vorerst übernahm Regierungschef Manmohan Singh, ein Ökonom, auch das Finanzressort.

Doch die Macht im Land hat Sonia Gandhi, die Chefin der Kongresspartei. Die Witwe von Rajiv Gandhi sorgt sich mehr um die Zukunft der Dynastie. Sie baut ihren Sohn Rahul als künftigen Regierungschef auf. Doch der westlich sozialisierte Kronprinz tut sich schwer, das Volk zu begeistern und hält sich aus dem Rampenlicht heraus. Spitz kritisierte ein Kongresspolitiker, Rahul absolviere eher „Gastauftritte“ in der Politik.

Parteiobere gehen davon aus, dass die Gandhi-Partei geschwächt aus den Wahlen 2014 hervorgeht. Dann könnte Mukherjee zum Königsmacher aufsteigen. Der Präsident spielt eine Schlüsselrolle bei der Regierungsbildung, wenn keine Partei eine Mehrheit erringt. Und wenn jemand in der Lage ist, der Kongresspartei eine Koalitionsmehrheit zusammenzuzimmern, dann er. Seine Beförderung zum Staatschef erscheint daher vor allem als ein strategischer Schachzug – und ein Dankeschön der Gandhis für treue Dienste.

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