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Foto: p-a/dpa

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PORTRÄT SERGEJ SCHOIGU KATASTROPHENSCHUTZMINISTER:: „Ich bin nicht der liebe Gott“

Dass die Waldbrände inzwischen leicht rückläufig sind, so Russlands Katastrophenschutzminister Sergej Schoigu, sei daher nicht sein Verdienst, sondern auch das der Medien. Die hätten den Massen klargemacht, dass jetzt nicht die Zeit für Grillfeuer im Grünen sei.

Dass die Waldbrände inzwischen leicht rückläufig sind, so Russlands Katastrophenschutzminister Sergej Schoigu, sei daher nicht sein Verdienst, sondern auch das der Medien. Die hätten den Massen klargemacht, dass jetzt nicht die Zeit für Grillfeuer im Grünen sei.

Anders als die meisten seiner Kollegen hat Schoigu eine positive Einstellung zu Journalisten, und die zu ihm. Seine Pressestelle liefert Fakten statt Allgemeinplätze und er selbst bedient sich einer klaren, volksnahen Sprache. Allerdings ohne Exkurse in die Gosse, mit denen Wladimir Putin punktet. Vor allem aber: Der 55-jährige Bauingenieur, der seit 1991 Chef der Katastrophenschutzbehörde ist, kehrt nie den Vier-Sterne-General hervor – ein Rang, der ihm qua Amt zusteht. Ob Erdbeben, Flutkatastrophen oder jetzt Wald- und Torfbrände: Stets ist Schoigu persönlich vor Ort präsent und greift gern auch mit zu. 1999 wurde er dafür mit dem Titel „Held Russlands“ geehrt: „Ich bin nicht der liebe Gott, leider nicht mal sein Stellvertreter.“

Russlands mit Abstand beliebtester Minister ist Fan der geigenden New-Age-Diva Vanessa Mae. Obwohl er nur Halbrusse ist – sein Vater ist Tuwiner, ein Völkchen in Südsibirien –, scheut er sich nicht, der Nation auch unbequeme Wahrheiten ins Gesicht zu sagen.

„Was wir mit den Händen aufbauen“, polterte er kürzlich, „reißt ihr mit dem Allerwertesten wieder ein.“ Durch Sonntagsausflügler würden an einem Wochenende so viele neue Brände entstehen, wie die Katastrophenschützer unter der Woche gelöscht hätten: Paramilitärs, hoch motiviert wie ihr Chef, was auch an der überdurchschnittlich guten Bezahlung liegt, und Profis, die ihr Handwerk verstehen. Rettung von Menschenleben.

Selbst Neider und Übelwollende bescheinigen Schoigu, dass er für die Waldbrandkatstrophe nichts könne, und sogar Umweltaktivisten, die mit dem Regime meist nicht viel am Hut haben. Die Hauptschuld trägt aus ihrer Sicht neben der Dürre und der anormalen Hitze das vor zwei Jahren verabschiedete neue Forstgesetz, das staatliche Kontrollinstanzen, die sich zu Sowjetzeiten bestens bewährt hatten, ersatzlos abschaffte. Heute, so sagt auch Schoigu, gebe es im Wald keine Menschen mehr, die diesen beschützen. Dass ausgerechnet die Putin-Partei „Einiges Russland“, zu deren Gründervätern Schoigu gehört, die Novelle mit ihrer Zweidrittelmehrheit im Parlament durchdrückte, steht auf einem anderen Blatt. Elke Windisch

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