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Es gibt Schlimmere, sagen sie im Kongo, doch auch, was die Staatsanwälte Thomas Lubanga vorwerfen, ist unvorstellbar grausam.

© AFP

Porträt: „Unser Mandant plädiert auf unschuldig“

Thomas Lubanga Dyilo soll im Kongo Kinder verschleppt und zu Mördern gemacht haben. Über den mutmaßlichen Kommandanten der Kindersoldaten fällt am Mittwoch der Internationale Strafgerichtshof sein Urteil - das erste in seiner Geschichte.

Von Julia Prosinger

Manche in seiner Heimat, nennen Thomas Lubanga Dyilo einen kleinen Fisch. Weil es Schlimmere gebe in der Demokratischen Republik Kongo als den 51-Jährigen. Für den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag aber ist Lubanga ein ganz besonderer Angeklagter. Am Mittwoch spricht das Gericht zu ihm das erste Urteil seit seiner Gründung vor zehn Jahren.

2006 hatten kongolesische Behörden den Rebellenführer Lubanga an den Gerichtshof ausgeliefert, dort lautete die Anklage: Rekrutierung von Kindersoldaten – ein Kriegsverbrechen. Als Führer und Gründer der Union Kongolesischer Patrioten (UPC) soll Lubanga Kinder unter 15 Jahren verschleppt, zu Soldaten trainiert und unter Drogen gesetzt in Dörfer geschickt haben, damit sie morden, plündern, vergewaltigen. Siebenjährige soll er so zu Opfern und Tätern gleichzeitig gemacht, ganze Schulklassen in seine Armee eingegliedert, Mädchen zu Putzfrauen und Sexsklavinnen der Kommandeure gemacht haben. Mehr als 60 Zeugen, darunter ehemalige Soldaten, sagten in dem Prozess aus, die Ankläger zeigten Videos, auf denen Lubanga Kinder befehligt.

Damit konzentrierte sich die Anklage auf einen kleinen Ausschnitt von dem, was die Opfer Lubanga vorwerfen. Andere Kriegsverbrechen, Morde und sexuelle Gewalt, sparte der Prozess aus. Etwa 60 000 Zivilisten starben von 1999 bis 2003 im ostkongolesischen Ituri bei dem Konflikt zwischen den Hema und Lendu. Lubanga soll mitverantwortlich sein.

Kindersoldaten, hieß es jedoch vonseiten der Anklage, seien ein weltweites Problem und die Beweislage gut für einen Fall mit Signalwirkung. „Lubangas Taten betrafen nicht nur einzelne Kinder, sondern eine ganze Generation“, sagte der Chefankläger.

Lubangas Name steht aber auch für das Scheitern des Gerichts, Prozesse zügig zu führen und damit zu Frieden in der Region beizutragen. Zwar ist der Konflikt inzwischen abgekühlt, Lubangas Anhänger hoffen aber auf einen Freispruch und seine Rückkehr in die Politik. Zwei Mal wäre es in den letzten Jahren fast so weit gewesen. 2008 und 2010 hatten die Richter den Prozess angehalten, weil die Anklage für Lubanga entlastende Informationen zurückbehalten und damit seine Rechte verletzt hatte. Wie viele weitere Jahre er im Fall eines Schuldspruches absitzen müsste, ist unklar. Lubanga selbst hatte auf nicht schuldig plädiert: Er sei nur ein politischer Führer gewesen.

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