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PORTRÄT WALTER SCHEUERL INITIATIVE „WIR WOLLEN LERNEN“:: „Die Idee kam mir morgens beim Rasieren“

Walter Scheuerl ist die zentrale Figur der Elterninitiative "Wir wollen lernen". Am kommenden Sonntag versucht sie, mit einem Volksentscheid die Einführung der Primarschule zu verhindern.

Hamburger Anwälte, die über einen größeren Bekanntheitsgrad verfügen, verdanken dies meist ihrem beruflichen Einsatz oder ihrer Politikkarriere etwa auf dem Bürgermeisterposten. Einer aber, der seit 2008 allen seiner Zunft den Rang abgelaufen hat, treibt die gesamte Bürgerschaft vor sich her. Walter Scheuerl ist die zentrale Figur der Elterninitiative „Wir wollen lernen“, die am kommenden Sonntag versucht, mit einem Volksentscheid die Einführung der Primarschule (gemeinsames Lernen von Klasse 1 bis 6) zu verhindern.

Das Einsammeln von über 180 000 Unterschriften beim Volksbegehren gegen die Schulreform im vergangenen Herbst hat dem Fachanwalt für Medien- und Lebensmittelrecht, der stets mit dem Rad ins Büro fährt, bei einem kleinen Privathörfunksender gar den Titel „Mann des Jahres“ eingebracht – mit großem Abstand vor Helmut Schmidt. Was mit dem schwarz-grünen Regierungsbeginn und Koalitionsvertrag 2008 vor dem heimischen Badezimmerspiegel begann („Die Idee kam mir morgens beim Rasieren“), sorgt inzwischen bei dem stets im gepflegten Oberhemd auftretenden Kampagnensprecher mit modischer Hornbrille für eine breite Brust.

Scheuerls rhetorische Gabe lässt die Politiker im Rathaus über den Ausgang des Volksentscheids zittern. Der Mann scheint mit seinen Botschaften die Bevölkerung als außerparlamentarischer Wortführer einfacher zu erreichen als jede Schulbehördenbroschüre oder Diskussionsrunde samt Bürgermeister. Scheuerl hat zwei Kinder auf dem Gymnasium im vornehmen Stadtteil Othmarschen und ist dort seit vielen Jahren Elternvertreter. Bei seiner eloquenten Art und seinem taktisch-strategischen Geschick ist die Frage nicht ausgeblieben, ob der Parteilose über den Volksentscheid hinaus politische Ziele verfolge. Das hat der 48-Jährige bisher stets verneint.

Dennoch genießt er die Aufmerksamkeit der Medien und blickt ein wenig selbstverliebt über Hamburgs Tellerrand hinaus, wenn er davon spricht, mit seinem Anliegen, in der Schulstruktur möglichst alles beim Status Quo zu belassen, einen positiven „Impuls für die bundesdeutsche Bildungslandschaft“ zu leisten. Nach jüngsten Umfragen haben die Reformgegner mehr Stimmen als die Reformbefürworter. Als Hürde könnte sich nur noch die Wahlbeteiligung erweisen. Scheuerl indes strahlt Zuversicht aus und lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Dieter Hanisch

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