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POSITIONEN: Ein Militärschlag gegen den Iran muss möglich bleiben

Niemand kann sicher sein, dass die Regierung in Teheran rational handelt, meint der Chef des American Jewish Committee.

Von den vielen außenpolitischen Herausforderungen dürfte das iranische Atomprogramm zurzeit die beängstigendste sein. Ein Iran mit der Fähigkeit, Nuklearwaffen herzustellen hätte weitreichende Folgen. Er würde in der strategisch wichtigsten und energiereichsten Region der Erde eine Vormachtstellung erhalten. Der Einfluss des Irans könnte weit über diese Region hinaus reichen, bis hin nach Lateinamerika. Enge Verbindungen bestehen bereits zu Bolivien, Nicaragua und Venezuela.

Zusätzlich würde es zu einem nuklearen Wettrüsten in einer jetzt schon sehr instabilen Region kommen. Werden Ägypten, Saudi-Arabien und die Türkei einen Iran mit Atomwaffen einfach hinnehmen? Wohl kaum. Würde der Iran seine Nuklear- und Raketentechnologie weitergeben? Höchst wahrscheinlich. Nordkorea und Pakistan haben es schon getan.

Wie steht es mit der Behauptung, der Iran werde missverstanden, verleumdet von streitsüchtigen Feinden, die uns im Irak in die Irre geführt haben und uns nun androhen, dasselbe im Iran zu tun?

Das ist Unsinn. Informationen verschiedener Länder bestätigen, dass das Atomprogramm darauf abzielt, zumindest den Stand zu erreichen, dass es in kurzer Zeit militärisch benutzt werden kann. Der Iran versuchte, seine Anreicherungseinrichtung bei Qom zu verheimlichen. Gleichzeitig stellt das Land seine technologischen Fortschritte beim Raketenprogramm zur Schau. Warum entwickelt es Raketen mit einer Reichweite von 2000 Kilometern und mehr? Und warum versucht der Iran, die Reichweite auf bis zu 5000 Kilometern zu erhöhen? Damit könnte ganz Europa erreicht werden.

Einige werfen ein, dass ein nach Macht und Prestige strebender Iran sich selbst als Atommacht rational verhalten würde. Sie behaupten, dass Teheran niemals Waffensysteme einsetzen würde, die einem massiven Gegenschlag zur Folge hätten. War nicht der Kalte Krieg Beweis dafür, dass Atomwaffen durch das Konzept der sicheren gegenseitigen Zerstörung Stabilität schaffen konnten?

Diese Sichtweise hat zwei grundsätzliche Fehler. Zum einen kann niemand mit Sicherheit sagen, dass die jetzige iranische Regierung rational handelt. Motiviert durch religiösen Messianismus, könnte ein Martyrium für Teheran durchaus seine Reize haben. Zum Zweiten besteht die Macht von Atomwaffen nicht nur in deren möglichem Einsatz, sondern bereits in ihrer bloßen Verfügbarkeit. Beziehungen zum Iran müssten immer dem nuklearen Potenzial Rechnung tragen.

Deshalb ist die Schlüsselfrage: Wie geht man mit dieser Herausforderung um? Es gibt keine einfache Antwort. Doch glaskar ist, was nicht funktioniert hat. Von Deutschlands Politik des „kritischen Dialogs“ über die sechsjährige geduldige Diplomatie der EU, von Präsident Bushs Politik der Isolierung Irans über Präsident Obamas ausgestreckte Hand, von Russlands sanfter Diplomatie über die gelegentlichen Nadelstiche durch den UN-Sicherheitsrat – keiner dieser Ansätze hat zu dem gewünschten Ergebnis geführt.

Jetzt muss man sich darauf konzentrieren, bei weiterer Missachtung eine angemessen konsequente Antwort zu geben. Europa ist weiterhin der größte Handelpartner des Irans. Das sollte aufhören. China, Indien und Russland sollten davon überzeugt werden, dasselbe zu tun statt abziehende europäische Firmen zu ersetzen.

Die iranische Führung mag den roten Teppich in Venezuela ausgerollt bekommen. Aber warum sollen Demokratien wie Brasilien und die Türkei den iranischen Präsidenten, der sich den UN widersetzt, Menschenrechte verletzt, den Holocaust leugnet und Wahlen manipuliert, mit allen Ehren empfangen und Wirtschaftsverträge abschließen?

Die militärische Option sollte bestehen bleiben. Dies bedeutet jedoch nicht ihre zwangsläufige Anwendung. Doch es signalisiert den iranischen Führern, dass ihr Kurs riskant ist. Natürlich gibt es keine Erfolgsgarantie. Aber der Preis eines Versagens bei der politischen Lösung dieser drängenden Herausforderung wäre so hoch, dass wir uns keinen weiteren Aufschub, Uneinigkeit oder Selbsttäuschung leisten können.

Der Autor ist Direktor des American Jewish Committee (AJC).

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