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Meinung: Positionen zur Familienpolitik: Mehr Geld, mehr Kinder, mehr Zukunft

Wer glaubwürdige Zeichen für mehr Kinder- und damit Familienförderung setzen will, der kann nur mit Antworten überzeugen, die aus den gegenwärtigen Engpässen herausführen. Zutreffend ist, dass sich seit Mitte der 60er Jahre in Deutschland die Geburtenrate halbiert hat.

Wer glaubwürdige Zeichen für mehr Kinder- und damit Familienförderung setzen will, der kann nur mit Antworten überzeugen, die aus den gegenwärtigen Engpässen herausführen. Zutreffend ist, dass sich seit Mitte der 60er Jahre in Deutschland die Geburtenrate halbiert hat. Wir stehen mit einer jährlichen Geburtenrate von 800 000 Kindern im unteren Drittel in Europa. Noch niedrigere Raten weisen Griechenland, Spanien und Italien auf, während die höchsten Geburtenraten seit Jahren in den skandinavischen Ländern zu verzeichnen sind. Diese Länder haben zugleich die höchsten Frauenerwerbsquoten. In diesen Ländern entsprechen Kinderwünsche und geborene Kinder einander am stärksten, weil Familie und Erwerbsberuf eltern- und kinderfreundlich geregelt sind.

Hinzu kommt - was auch in Deutschland unverzichtbar ist - eine Familienpolitik, die Eltern unterschiedliche Optionen eröffnet. Wir wissen aus der Frauen- und Familienforschung in Deutschland, dass junge Frauen sich in Bezug auf ihre Lebensplanung und Lebensstile unterscheiden. Es gibt eine wachsende Gruppe, die den Entscheidungskonflikt zwischen Kind und Beruf bzw. Familie oder Beruf nicht länger akzeptiert. Und es gibt den stärker familienorientierten Typus von Frauen, die mehrere Kinder möchten und eine Reihe von Jahren ihren Beruf unterbrechen oder die Erwerbsbeteiligung stark reduzieren möchten.

Wie sieht dagegen die Alltagswirklichkeit aus?

1. Mit zunehmender Erwerbstätigkeit der Frauen haben sich die Konflikte zwischen Familie und Erwerbstätigkeit verschärft, weil es an voller Halbtags- und Ganztagskinderbetreuung erheblich mangelt oder die Kosten zu hoch sind.

2. Familien mit Kindern sind materiell sowohl in der aktiven Familienphase wie im Rentenalter benachteiligt. Kinder sind und bleiben ein Armutsrisiko, das sich mit mehreren Kindern und nur einem Einkommen verstärkt, ganz zu schweigen von der geringen Alterssicherung der Frauen. Für alle Jahrgänge bis 1992 wird ein Jahr pro Kind in der Rente angerechnet, für ab 1992 geborene Kinder 3 Jahre. Wer den Frauen keine trügerischen Hoffnungen machen will, muss ihnen in aller Klarheit sagen, dass ohne Ausweitung der Erziehungszeiten im Rentenrecht ihre Alterssicherung ohne eigene Beiträge aus Erwerbsarbeit sehr gering bleibt. Auch im Rentenrecht fehlt eine Differenzierung nach der Kinderzahl.

3. Frauen sollen vor allem ab 2010 die Lücke auf dem Arbeitsmarkt schließen helfen, die als Folge des Geburtenrückgangs und des ungedeckten Arbeitskräftebedarfs besteht. Wie steht es dann um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Wer heute auf Karriere, Einkommen und Alterssicherung verzichtet bzw. verzichten muss, wenn es um die Entscheidung für Kinder geht, sind die Frauen. Sie unterbrechen ihren Beruf und haben bei über dreijähriger Berufsunterbrechung größte Schwierigkeiten, den Berufsanschluss zu finden. Sie haben den höchsten Anteil an Teilzeitarbeit und vor allem an geringfügiger Beschäftigung. Ohne die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für einen zwingenden Abbau der Benachteiligung von Familien wären weder die Steuerfreibeträge noch das Kindergeld angehoben worden, noch würde es zur verstärkten Berücksichtigung der Familienleistungen in der Rente gekommen sein. Die Politik hält als Einwand gegen einen nachhaltigen Ausbau einer auf Differenzierung angelegten Familienförderung die Kosten bzw. die Finanzierungsprobleme entgegen.

4. In Wahrheit handelt es sich um eine existenzielle Werte- und Zukunftsfrage. Welche Gesellschaft wollen wir? Eine Gesellschaft, in der 30 bis 40 Prozent eines Altersjahrgangs kinderlos bleiben oder eine Gesellschaft, in der Kinder selbstverständlich dazugehören? Wenn wir Letzteres wollen, führt kein Weg an einer starken ideellen und finanziellen Familienförderung vorbei.

Hauptziele müssen sein: keine Sozialhilfe wegen Kindern; keine Benachteiligung gegenüber kinderlosen Paaren; konsequente Anerkennung der Familienleistungen im Steuer- und Sozialsystem; obligatorischer Ausbau der Kinderbetreuung im Vorschul- und Schulalter; Abbau der beruflichen Benachteiligung von Eltern mit familienbedingter Erwerbsunterbrechung oder reduzierter Erwerbsarbeit.

Das Familiengeld ist nur eine Teilantwort, ein Mehrbetrag von 230 Mark im Verhältnis zu den aktuellen Bezügen in den ersten beiden Lebensjahren des Kindes. Die entscheidende Erweiterung betrifft das 3. Lebensjahr. Hinzukommen müssen familienergänzende Kinderbetreuungsangebote und die Möglichkeit, das Familiengeld auch ohne Inanspruchnahme der Erziehungszeit für Kinderbetreuung einzusetzen.

5. Offen bleibt, wie es nach dem 3. Lebensjahr weitergehen soll. Die bisherigen Kinderbetreuungsangebote reichen von der Platzzahl und den Öffnungszeiten für erwerbstätige Teilzeit- und Vollzeiteltern nicht aus. Offen bleiben auch die Höhe der finanziellen Familienförderung nach dem 3. Lebensjahr, die Frage der Erziehungszeiten im Rentenrecht und die besondere Förderung kinderreicher Familien.

6. Zuwanderung reduziert den Arbeitskräftemangel, gleicht den Geburtenmangel aus. Sie ist aber keine Lösung für eine alternde und kinderarme Gesellschaft. Es geht dabei nicht um das Ziel, die Bevölkerungszahl von heute zu erhalten, sondern um ein ausgewogenes Generationenverhältnis, um ein Leben mit Kindern, um Fürsorge, Zuwendung und Erneuerung.

Die Autorin ist Vorsitzende der CDU-Frauen-Union F

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