zum Hauptinhalt
Bereits am 1. Mai war es in Solingen am Rande eines Pro-NRW-Auftritts zu gewalttätigen Übergriffen mit drei verletzten Polizisten gekommen. Die Auseinandersetzungen haben an Schärfe zugenommen, seit Salafisten seit einigen Wochen bundesweit kostenlose Korane verteilen.

© dapd

Pro NRW und die Salafisten: Meinungsfreiheit - auch für Spinner

Ralf Jäger, Innenminister in NRW, will das Zeigen von Mohammed-Karikaturen verbieten lassen. Damit tappt er in die Falle der Extremisten.

Von Frank Jansen

Es gibt derzeit kein anderes Extremistenmilieu, das so viel Aufmerksamkeit erregt wie die Salafisten. Erst verteilten einige Trupps dieser Propagandisten eines urislamischen Gottesstaates betont friedlich Gratisexemplare des Korans, dann attackierten bärtige Fanatiker die Polizei. Zwei Beamte haben am Wochenende nur knapp die Messerattacke eines Salafisten bei Ausschreitungen in Bonn überlebt. Insgesamt wurden 29 Polizisten verletzt, eine Woche zuvor in Solingen hatten Anhänger der Gruppierung Beamte mit Steinen beworfen. Von einer „neuen Dimension der Salafistengewalt“ spricht Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger. Zu Recht. Doch eine der Konsequenzen, die der SPD-Mann nun ziehen will, wäre fatal.

Jäger will den rechtsextremen Islamhassern von „Pro NRW“, die mit provokativen Auftritten den Salafisten einen Vorwand für Randale geliefert haben, verbieten lassen, weiterhin vor Moscheen Mohammed-Karikaturen zu zeigen. Das klingt nach einer logischen Antwort auf die perfide Taktik von Pro NRW, kurz vor der Landtagswahl die Islamisten derart zu reizen, dass sie gewalttätig werden und in die Falle tappen, die islamophobe Hetze zu bestätigen. Pro NRW hat das nötig. Die Minipartei ist finanziell klamm und kann kommenden Sonntag noch nicht einmal auf ein Prozent der Stimmen hoffen – und wird damit wohl auch vom Staat keine Wahlkampfkosten erstattet bekommen. Doch der Minister hat offenbar nicht bedacht, dass er eines der wertvollsten Güter der Demokratie beschädigen könnte: die Meinungsfreiheit.

Bildergalerie: Salafisten verteilen den Koran

Dabei sind gerade die Mohammed-Karikaturen ein Symbol für den Konflikt zwischen totalitärer Frömmelei und freier Rede. Angela Merkel hat 2010 den Dänen Kurt Westergaard, den Zeichner jener eigentlich harmlosen Bilder, die so viel Krawall in der muslimischen Welt ausgelöst haben, mit einem Medienpreis geehrt. Die Kanzlerin zeigte couragiert Solidarität mit einem Mann, der wegen seiner Arbeit um Leib und Leben fürchten muss.

Wenn Nordrhein-Westfalens Innenminister einer rassistischen Splittergruppe das öffentliche Zeigen der Karikaturen verbieten will, geht er den Islamfeinden wie auch den Islamisten auf den Leim. Die einen können sich als Märtyrer aufspielen, die anderen als Sieger. Das kann und das darf nicht sein.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat Jäger bereits widersprochen, dennoch will er versuchen, in der nächsten Instanz ein Verbot zu erreichen. Ein Irrweg. Auch Spinnern steht es frei, die Karikaturen zu zeigen. Oder den Koran zu verteilen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false