zum Hauptinhalt
Foto: AFP

© AFP

Putin-Gegner Alexei Nawalny:: „Haltlos und bar jeder Grundlage“

Alexei Nawalny war ein Führer der Massenproteste gegen Putin. Dass sie gescheitert sind, ist auch seine schuld. Ein Porträt.

Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien „haltlos und bar jeder Grundlage“, sagt Kreml-Kritiker Alexei Nawalny und glaubt, die Anklage müsste daher schon beim ersten Plädoyer der Verteidigung zusammenbrechen. Müsste. Wenn Russlands abhängige Justiz ihre Urteile nicht häufig nach Interessen- statt nach Faktenlage fällen würde. Vor allem in politisch aufgeladenen Prozessen gegen Menschen, die eine Bedrohung für das Regime darstellen oder von diesem als Bedrohung wahrgenommen werden. Solche wie Alexei Nawalny.

Ursprünglich sollte die Verhandlung am gestrigen Mittwoch beginnen, auf Antrag der Verteidigung wurde sie auf den 24. April vertagt. Die Anwälte hatten zu spät Einsicht in die Akten bekommen. Auch das kein Einzelfall, wenn es gegen Putins Gegner geht.

Offiziell wird Nawalny vorgeworfen, als Berater eines Gouverneurs Staatsgelder in Höhe von umgerechnet 400 000 Euro veruntreut zu haben. Bei einem Schuldspruch drohen ihm bis zu zehn Jahre Gefängnis. Nawalny und seine Anhänger fühlen sich an das Verfahren gegen Ex-Jukos-Chef Michail Chodorkowski erinnert. Dieser hatte die Opposition unterstützt, wanderte aber ebenfalls wegen angeblicher Wirtschaftsvergehen hinter Schloss und Riegel.

Der kleine, aber feine Unterschied: Der Multimilliardär war für Putin eine reale Gefahr, Nawalny ist es trotz seiner Ambitionen auf den Chefsessel im Kreml nicht. Besser gesagt: nicht mehr.

Die voreilig im Westen zur Revolution hochgejubelten Massenproteste sind Schnee von gestern. Nawalny, einer der Führer, ist am Scheitern der Revolte nicht ganz unschuldig. Viele verprellte er durch seinen Flirt mit den Nationalisten, andere durch Intrigen und alle mit Forderungen nach freiem Waffenbesitz. An die Spitze der Proteste gegen die manipulierten Parlamentswahlen Ende 2011 hatten ihn soziale Netzwerke gehievt. Vorher hatte er sich aber mit seinem Internetportal Rospil bei Regimegegnern einen Namen und den Kreml nervös gemacht. Auf dem mit privaten Spenden finanzierten Portal nahm sich Nawalny die krassesten Fälle von Korruption vor – vor allem bei Staatskonzernen, die trotz üppiger Gewinne keine Dividende an Kleinaktionäre ausschütteten. Deren Interessen vertrat der Jurist Nawalny auch vor Gericht, zuweilen mit Erfolg. In den Aufsichtsräten der Staatskonzerne saßen damals vor allem Putins Paladine, und sie sinnen jetzt auf Rache.Elke Windisch

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false