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Meinung: „Respekt, Frau Schmidt“

Man glaubt einen Augenblick lang, den Bayern nicht richtig verstanden zu haben. Opposition lobt Regierung – das gibt es ungefähr so oft wie die Schlagzeile „Mann beißt Hund“.

Von Antje Sirleschtov

Man glaubt einen Augenblick lang, den Bayern nicht richtig verstanden zu haben. Opposition lobt Regierung – das gibt es ungefähr so oft wie die Schlagzeile „Mann beißt Hund“. Ein CSU-Recke, den Franz Josef Strauss vor 25 Jahren dazu verdonnert hatte, sich dem schwierigen politischen Thema der Sozialsysteme zu widmen – ein solcher Mann lobt ausgerechnet die SPD-Politikerin Ulla Schmidt. Sie ist die unbeliebteste Ministerin in Schröders Chaos-Kabinett, ihr verdanken Hunderttausende Beitragszahler die zehn Euro Praxisgebühr und allerlei andere Lasten. Horst Seehofer aber sagt: „Nicht gewackelt hat sie.“ Als Sozialminister der Regierung Helmut Kohl weiß Seehofer, was es heißt, mit unangenehmen Wahrheiten zwischen die öffentliche Meinung und den eigenen Regierungschef zu geraten. Und wie er Ulla Schmidt so lobt, beim Hauptstadtkongress der Gesundheitsbranche im Berliner ICC, klingt es sogar ehrlich, beinahe ein wenig freundschaftlich.

Ganz ohne Hintersinn vergibt ein so altgedienter 54-jähriger Politikprofi solche Komplimente natürlich nicht. Seehofer hat Schmidts Gesundheitsreform mit ausgearbeitet, und er meint: „Die wirkt.“ Und schließlich stichelt der Bayer auch allzu heftig gegen eine Andere, die „marktwirtschaftliche Sozialpolitik“ in der CDU mache. Da lobt man doch gern mal die Dame zur Linken. Charmant, charmant, Herr Seehofer.

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