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Meinung: Rinderwahn: Lob der Realpolitik

Dass die Realität Renate Künast so schnell einholt, wundert Brüsseler Agrarprofis nicht wirklich. Steht die Landwirtschaftsministerin doch vor den gleichen Problemen wie ihre Vorgänger Borchert und Funke, wenn es um Obergrenzen für mit EU-Geldern zu fördernde Rinder geht.

Dass die Realität Renate Künast so schnell einholt, wundert Brüsseler Agrarprofis nicht wirklich. Steht die Landwirtschaftsministerin doch vor den gleichen Problemen wie ihre Vorgänger Borchert und Funke, wenn es um Obergrenzen für mit EU-Geldern zu fördernde Rinder geht. Sie muss die Interessen ostdeutscher Großbetriebe schützen. Das Sieben-Punkte-Programm von Agrarkommissar Fischler ist wegen der deutschen Kritik jedoch noch nicht tot: Im Agrarrat wird mit qualifizierter Mehrheit entschieden. Fischler schiebt den Ministern den schwarzen Peter zu. Sie sollen in Zukunft entscheiden, was mit dem BSE-getesteten Fleisch der zum Schlachten bestimmten Tiere geschehen soll.

Wenn Deutschland und Österreich das Fleisch aus politischen oder ethischen Gründen lieber einfrieren lassen wollen als es zu vernichten, dann können sie das tun. Aber sie müssen diesen Luxus selbst verantworten - und bezahlen. Fischler schlägt das gegenwärtig einzig sinnvolle vor: konkrete Maßnahmen zur Krisenbewältigung und einige wenige erste Schritte in Richtung Agrarwende. Die Fleischproduktion soll verringert werden, stillgelegte Flächen sollen für den ökologischen Anbau genutzt werden können und die Prämienzahlungen sollen auf 90 Rinder pro Betrieb begrenzt werden. Man kann nicht einerseits gegen Agrarfabriken auf die Barrikaden gehen und diese Vorschläge andererseits ablehnen. Fischlers Programm dient dazu, den Zusammenbruch des Rindfleischmarktes zu bewältigen, nicht mehr und nicht weniger. Unverantwortlich wäre es, wenn Fischler sich jetzt auf hingeschluderte Aktionen einließe, um ein öffentliches Interesse an radikalen Veränderungen zu befriedigen. Jetzt sind die Mitgliedsstaaten am Zug. In Deutschland und Frankreich wird man ebenfalls nach konstruktiven Lösungen suchen müssen. Diese sollten länger tragen als ein Vierteljahr, sie können jedoch noch nicht das leisten, was für eine Revision der Agenda 2000 erarbeitet werden muss. Wenn Fischler 2002 ein Konzept dafür vorlegt, wird sich erweisen, wie groß die Bereitschaft zu radikalem Umdenken ist.

Mariele Schulze Berndt

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