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Meinung: Schlupflöcher für den Nahostfrieden Wie Zaun, Mauer und Gefängnis durchlässiger werden

Und er bewegt sich doch, der nahöstliche Friedensprozess. Natürlich stellt sich eher früher als später die Frage, wohin die Fahrt am Ende geht – ob nicht lediglich im Kreis herum.

Und er bewegt sich doch, der nahöstliche Friedensprozess. Natürlich stellt sich eher früher als später die Frage, wohin die Fahrt am Ende geht – ob nicht lediglich im Kreis herum. Vorläufig jedoch gilt für den gesamten Friedensprozess nach dem Muster der Road Map die gleiche Zeugnisnote, die Israels Armee der palästinensischen „Hudna“, der Waffenruhe, nach einem Monat ausstellt: befriedigend bis voll befriedigend.

Ohne Zweifel ist diese für levantinische Verhältnisse erfreuliche Bilanz weitgehend auf amerikanischen Druck zurückzuführen, beziehungsweise auf die beidseitige Furcht davor. Besonders gilt das für den Beschluss der israelischen Regierung, nicht nur politische Weggefährten des von Washington und Jerusalem hoch geschätzten Arafat-Gegenspielers Mahmud Abbas freizulassen sowie ein paar Autodiebe, sondern auch Angehörige der ihm feindlichen islamistischen Bewegungen, wenn auch keine, an deren „Händen Blut klebt“. Die überraschend deutliche Mehrheit für den Beschluss (14 zu 9 Minister) zeigt aber auch, dass in Zukunft noch mehr möglich sein könnte – sofern der Gewaltverzicht auf palästinensischer Seite hält.

Das wird immer wahrscheinlicher. Die Islamisten sehen die Zufriedenheit der palästinensischen Bevölkerung mit den ersten Ergebnissen der „Hudna“: keine israelischen Vergeltungsschläge mehr, keine Liquidationen oder Häusersprengungen, dafür Lockerungen bei der Arbeitserlaubnis in Israel, Abbau der Straßensperren. Und reagieren mit Äußerungen, die auf eine Verlängerung der dreimonatigen Waffenruhe hinauslaufen.

Dafür müsste Israel noch mehr Inhaftierte freilassen – und den Bau des trennenden Sicherheitszauns stoppen, für den Palästinenser und nun auch Amerikaner den Schreckensnamen Mauer verwenden. Bietet Scharon Bush tatsächlich an, das umstrittenste Teilstück, das mitten in das palästinensische Wohngebiet hineinragen würde, erst mal nicht zu errichten? Das würde die Einsicht dokumentieren, dass man den Palästinensern nichts aufzwingen darf, wenn man zuerst Sicherheit und danach gar ein friedliches Nebeneinander erreichen will.

Scharon würde der Verzicht auf den weiteren Bau von Zaun oder Mauer erleichtert, wenn umgekehrt die Palästinenser weiterhin ruhig halten. Es gibt noch viele Hindernisse auf dem Weg zu Frieden, die unüberwindlich erscheinen. Aber das galt ja vor kurzem auch noch für die jüngsten Erfolge. Die zeigen: Was die beiden Bevölkerungen als Fortschritt schätzen lernen, das wollen sie nicht mehr hergegeben.

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