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Klimaschutz: Schmelzende Wahrheiten

Der Weltklimarat muss sich reformieren, um nicht noch mehr Vertrauen zu verlieren.

Ende 2007 war Rajendra Pachauri, 69, auf dem Höhepunkt seines Ruhms. 2002 zum Vorsitzenden des Weltklimarats IPCC aufgestiegen, wurde Pachauri stellvertretend für den IPCC mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Mittlerweile ist es einsam geworden um den Eisenbahningenieur. Der Ruf nach Rücktritt wird lauter. Und das nicht nur bei Klimaskeptikern, sondern auch bei politisch gleichgesinnten Wissenschaftlern.

Anlass für die Forderung ist Pachauris hartleibige Reaktion auf Kritik am letzten Sachstandsbericht des IPCC. Im zweiten Teil des Reports wurde fälschlich behauptet, die Himalaja-Gletscher, Trinkwasserquelle für Milliarden, würden bis zum Jahr 2035 geschmolzen sein. Pachauri warf den Kritikern zunächst „Voodoo-Wissenschaft“ vor, um am Ende doch klein beigeben zu müssen.

Inzwischen wurde bekannt, dass Pachauri über gut dotierte Beraterverträge Zehntausende von Dollars kassierte. Er selbst bescheinigt sich ein „reines Gewissen“, weil er das Geld an sein Forschungsinstitut abführte. Trotzdem wirft es kein gutes Licht auf den Vorsitzenden eines hohen UN-Gremiums, wenn er so umfangreich in Nebentätigkeiten verwickelt ist.

Schon zuvor war das Image der Klimaforschung durch „Climategate“ beschädigt worden. Gestohlene E-Mails aus dem Klimaforschungszentrum der Universität von East Anglia belegten einen fragwürdigen Umgang der „etablierten“ Klimaforschung mit Kritikern und mit Messdaten. Umfragen der letzten Wochen belegen, dass das Ansehen der Wissenschaftler wie der Glauben an einen menschengemachten Klimawandel schwinden. Immer weniger Menschen vertrauen den Forschern, damit erodiert die politische Basis für Maßnahmen gegen den Klimawandel.

Der IPCC hat in den mehr als 20 Jahren seines Bestehens herausragende Arbeit geleistet. Ihm ist es zu verdanken, dass die Bedrohung des Klimas zu einem großen Thema der Weltpolitik wurde. Umso wichtiger ist die Reform des IPCC, über die an Pachauri vorbei längst offen debattiert wird. Es gibt viele Ideen: Der Klimarat soll nicht politisieren, sondern sich wieder auf die Wissenschaft konzentrieren, er soll Spitzenforschung dokumentieren, transparenter und unabhängiger werden, abweichende Meinungen in der Wissenschaft stärker zu Wort kommen lassen und häufigere und knappere Berichte verfassen.

Bedeutet die Pannenserie nun, dass der menschengemachte Klimawandel nur eine Mär der „Klimatisten“ ist? Nein, das nun auch wieder nicht. Globaler Temperaturanstieg, schmelzende Eismassen und steigende Meeresspiegel sind klare Indizien dafür, dass das Klima sich wandelt. Trotzdem sind viele Fragen noch nicht ausreichend geklärt, ist das Klima in seiner Komplexität noch längst nicht völlig verstanden. Viele Forscher haben vor allem ein Problem mit den Klimasimulationen, die bis ins Jahr 2100 und darüber hinaus reichen. Sie mögen von der Politik gewollt sein, aber sie suggerieren eine Genauigkeit, die es nicht gibt. Hier hört die Wissenschaft jedoch nicht auf – hier fängt sie gerade erst an.

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