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Meinung: Schuldig geblieben

Eine Zensur findet nicht statt. Dieses schlichte, klare Gebot aus dem deutschen Grundgesetz gilt, selbst wenn die Regierung das „CarolineUrteil“ des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs jetzt nicht von der Großen Kammer des Gerichts prüfen lassen will.

Eine Zensur findet nicht statt. Dieses schlichte, klare Gebot aus dem deutschen Grundgesetz gilt, selbst wenn die Regierung das „CarolineUrteil“ des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs jetzt nicht von der Großen Kammer des Gerichts prüfen lassen will. Gibt es ein begründetes Interesse am Privatverhalten Prominenter, darf die Presse berichten. Andernfalls nicht. Was der Anstand verlangt, ist damit Recht geworden. Weder ist die Pressefreiheit in Gefahr, noch wird bunten Blättern der Garaus gemacht, die Reichen und die Schönen werden deren Journalisten weiterhin die Türen öffnen. Dennoch ist der Entschluss der Bundesregierung nicht plausibel. Das Urteil hat die überlegte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit wenigen Sätzen hinweggefegt. War es früher Sache einer freien Presse zu entscheiden, was von öffentlichem Interesse ist, wird es jetzt zur Sache der Justiz. Die Richter haben es damit geschafft, auch noch unsere Debatten zu verrechtlichen. Der Schutz Prominenter ist in der Hand von Richtern gut aufgehoben – aber auch die Frage, was berichtenswert ist? Darüber haben sich die Straßburger Juristen bisher keine Gedanken gemacht, auch Justizministerin Zypries will es wohl nicht. So oder so gäbe es keine „Rechtssicherheit“, sagt sie. Doch niemand erwartet Rechtssicherheit – nur ein gut begründetes Urteil. Das ist das Gericht schuldig geblieben.neu

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