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Meinung: Sieg der Sekundanten

DAS FERNSEHDUELL SCHRÖDER – STOIBER

Ein Duell verlangt nach Regeln, um der Gerechtigkeit willen für beide Duellanten. Für das Fernsehduell zwischen Kanzler Gerhard Schröder und Herausforderer Edmund Stoiber ist gleich ein ganzes Regelwerk aufgestellt worden. Die Sekundanten der Kandidaten haben sich alle erdenkliche Mühe gegeben. Ihre Motive waren nicht die von Edelmännern, sondern die von Angsthasen: Der Gegner neigt zur Unfairness, also muss jede Regelverletzung durch eine Regel ausgeschlossen werden. Antwortzeit, Zahl der Fragen, erste Frage, letzte Antwort, rote Warnlampen, die die letzten 15 Sekunden je Antwort anzeigen, sogar ein Notar überzeugt sich vom ordnungsgemäßen Zustand der Chronometer. Erstaunlich, dass die Akteure, Schröder und Stoiber, ihren Helfershelfern dermaßen freie Hand gelassen haben. Zwei Politiker, die ein ganzes Land regieren wollen, hätten sich für 75 gemeinsame Minuten in einem Fernsehstudio mehr Freiheit, mehr Freiraum ausbedingen müssen. Wie soll bei so wenig Souveränität im gegenseitigen Umgang Spontaneität, wie sollen da der echte Schröder und der wahre Stoiber zum Vorschein kommen? Live-Fernsehen, lebendige Politik werden erstickt. Oder kommt es doch anders? Wie bei der Ziehung der Lottozahlen vielleicht. Auch dieser Vorgang ist bis in die letzte Drehung ausgetüftelt, trotzdem fallen die Kugeln, wie sie wollen – und Millionen Zuschauer sehen gebannt zu. jbh

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