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Simbabwe: Billige Wut

Der Terror in Simbabwe nimmt zu und wir mobilisieren lediglich Emotionen, statt Unterstützung für die Opposition. Ein möglicher neuer Bürgerkrieg scheint niemanden zu interessieren. Wie ernst ist unser Engagement für Afrika wirklich?

Von Caroline Fetscher

Das Alarmvokabular ist wieder da. Es reicht von „Besorgnis“ über „Empörung“ und „Entsetzen“ bis „Wut“ und wird angewendet auf die Lage in Simbabwe, wie vorher auf die Krise in Darfur. In Simbabwe hat Morgan Tsvangirai seine Kandidatur bei den Stichwahlen um die Präsidentschaft abgesagt. Zu seinem Schutz wohnt er jetzt in der Niederländischen Botschaft. Inmitten horrender Repression gegen Tsvangirais Anhänger durch das Regime Robert Mugabes ist diese Wahl für Demokraten lebensgefährlich geworden.

Ja, die Queen hat Mugabe den Rittertitel aberkannt. Nein, die UN werden nicht eingreifen, wie es Simbabwes Opposition fordert, denn China und Russland werden das im Sicherheitsrat verhindern. Aber interessiert uns ein möglicher neuer Bürgerkrieg in Afrika wirklich? Mobilisiert wird Emotion, nicht das Eintreten für die demokratische Opposition. Diese Haltung hilft Afrikas Demokraten ebenso wenig wie halbherzige Boykotte, Ablassaktionen von Rockbands für hungernde, schwarze Babys oder feige Entwicklungshelfer, die beim Wesentlichen wegsehen.

Dabei wäre wenigstens hier, vielerorts, das Potenzial für konkretes Eingreifen enorm. Almosen in Millionenhöhe kombiniert mit Wegsehen haben schon zu viele korrupte Staaten Afrikas alimentiert. Mit Recht hält die Kameruner Ökonomin Axelle Kabou diese Dynamik des Helfens für ein Ritual der Beschönigung, bei dem Afrika doppelt verliert: Ein Kontinent voller Rohstoffe und Bodenschätze bleibt abhängig, gefestigt wird die Brutalität bestehender Hierarchien.

An den Grundstrukturen der Gewalt wagen die wenigsten Entwicklungsprogramme zu rütteln, etwa im zentralen Bereich Bildung und Erziehung, da, wo neue Generationen heranwachsen. Ein nordeuropäischer Student, der unlängst als Lehrer ein halbes Jahr lang in Westafrika gearbeitet hat, berichtet den Freunden zu Hause, dass der Inhalt der Schulbücher und die Praxis der Erziehung die westlichen Geldgeber des Schulprojekts – wie fast überall üblich – „null interessieren“. Dass Mädchen und Jungen von Lehrern geprügelt werden, dass sie zur Strafe stundenlang auf Holzscheiten knien müssen, sei Tradition, dagegen anzugehen „kolonial“, erklären Einheimische, und da will der westliche Geber nicht reinreden, obwohl er seine eigenen Kinder so niemals behandeln ließe. Stattdessen wird eine Saat der Gewalt akzeptiert und mitfinanziert, ganz ohne all die Empörung, das Entsetzen und die Wut, die dann später, bei der Ernte aus dieser Saat, in Gang gesetzt werden. Eine teure Groteske.

Wer demokratische Prozesse voranbringen will, sollte nur helfen, wenn er an den Grundfesten solcher „Tradition“ rüttelt. Wer Simbabwe beistehen möchte, sollte den Gewaltherrscher Mugabe nirgends einreisen lassen, die Geldhähne zudrehen und nicht Papier für seine Geldscheine liefern, wie das eine Münchner Firma tut. Es darf nicht leichter sein, Millionen an korrupte, gewalttätige Mächtige zu spenden, als auf Millionen zu verzichten, die man im Business as usual mit ihnen kassiert.

Eine Übersicht zur Situation der Rechte von Kindern auf gewaltfreie Erziehung in Schule und Elternhaus in allen Staaten der Erde finden Sie hier: http://www.endcorporalpunishment.org/

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