zum Hauptinhalt
Twitter-Konkurrent Bluesky

© IMAGO/NurPhoto

Social-Media-Plattform „Bluesky“: Was Elon Musk wirklich wehtut

Millionen verschreckte Twitter-Nutzer hoffen seit Monaten auf eine Alternative – ohne rechte Hetze, ohne Fake News und ohne Elon Musk. Nun scheint sie gefunden.

Ein Zwischenruf von Sebastian Leber

Seit Elon Musk Twitter übernommen und im Rekordtempo ruiniert hat, warten Millionen Nutzer auf eine Ausweich-Plattform. Davon gibt es theoretisch bereits mehrere, auch technisch ausgereifte. Doch bislang konnte keine von ihnen die kritische Masse an Nutzern erreichen, die zu einem echten Sog und einem Massenumzug von Twitter führte. Dies hat sich nun geändert.

Angeheizt durch die immer heftigeren verbalen Ausfälle Musks hat in den vergangenen Tagen ein Ansturm auf die Konkurrenz-Plattform „Bluesky“ eingesetzt. Diese hat den großen Vorteil, dass sie optisch und funktional dem Original stark ähnelt. Interessierte brauchen keine Zeit zur Eingewöhnung, fühlen sich direkt wie Zuhause. Allerdings benötigen sie derzeit noch eine Einladung in Form eines Codes, zugeschickt von Bekannten, die Bluesky bereits nutzen.

Auf Twitter trendet daher seit Tagen der Begriff „Code“. Das drängendste Thema unter Twitter-Nutzern ist also, wie sie es schaffen, auf Bluesky zu gelangen, um fortan keine Twitter-Nutzer mehr sein zu müssen.

Elon Musk hat sein Unternehmen und sein eigenes Image zerstört

Man kann es gut verstehen. In der Geschichte des Internets hat noch keine große Social-Media-Plattform ihren Niedergang so sehr verdient wie Twitter in den Händen Elon Musks. Mit erratischen Regeländerungen und unsinnigen Geschäftsentscheidungen hat es Musk geschafft, gleichzeitig den Wert seines Unternehmens und sein Image als vermeintliches Genie nachhaltig zu zertrümmern.

Zudem lässt Musk Hetze zu. Expliziter Rassismus, Judenhass und auch Morddrohungen werden nicht mehr gelöscht. Auch Musks eigene Rhetorik eskaliert zunehmend. Er verbreitet antisemitische Verschwörungserzählungen, verhöhnt Selenskyj, teilt Inhalte rechtsextremer Accounts inklusive eines Aufrufs zur Wahl der AfD. Verteidigt wird Elon Musk inzwischen nur noch von Rechtsradikalen und komplett falsch Abgebogenen wie Ulf Poschardt.

Warum Bluesky nicht Clubhouse ist

Skeptiker unken, der Ansturm auf Bluesky könnte bald vorübergehen. Sie erinnern an „Clubhouse“, die audiobasierte App, die während der Corona-Pandemie erst enorm populär und kurz darauf, als der Reiz des Neuen vergangen war, enorm egal wurde.

Doch Bluesky ist keine neue crazy Spielerei, die Nutzer ausprobieren möchten, um mitreden zu können und beim Hype dabei zu sein. Bluesky ist eine Plattform, die ziemlich genau so aussieht und das bietet wie jenes Werkzeug, das Millionen Menschen seit Jahren nutzen. Dessen Verwendung sich bewährt hat, weil es informiert, unterhält, vernetzt, inspiriert. Nur jetzt eben ohne Elon Musk und all das Elend, das er bewirkte.

Manche Neunutzer legen parallel zu ihrem Bluesky-Start ihren Twitter-Account still. Andere wollen Bluesky erst ausprobieren, ehe sie Brücken abreißen. Wieder andere haben Twitter längst verlassen. Noch können Nutzer auf Bluesky keine Direktnachrichten verschicken, auch keine Videos oder GIFs posten. Aber all dies wird kommen.

Natürlich ist nicht zu erwarten, dass Bluesky frei von Hass bleiben wird. Je mehr Menschen es auf die Plattform zieht, umso eher werden auch Provokateure und Trolle dorthin finden. Auf „Bluesky“ wird schon jetzt darüber diskutiert, wie man denen am besten begegnet. Konstruktiv streiten, sachlich bleiben, ums bessere Argument ringen, na klar.

Vor allem aber den Grundsatz „Don’t feed the trolls“ beherzigen. Den Destruktiven, den Krawallmachern, den Hetzern keine Aufmerksamkeit geben. Das ist auf Twitter leider gründlich misslungen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false