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Steve Jobs und das iPad: Der Schriftleger

Apple-Chef Steve Jobs hat das iPad auch nach Deutschland gebracht – zum Wohle aller? Aufregen muss sich jedenfalls niemand. Das iPad ist nur so dumm und so gescheit wie der, der es benutzt.

Hurra, wir sind wieder wer, wir sind iPad-Land. Endlich hat Apple das Manna vom Himmel in die deutschen Verkaufsregale regnen lassen. Tablet-PC wird es geheißen, etwas kleiner als eine Din-A-Seite ist es, bis zu 800 Euro kostet der Hybrid aus Multimedia-Handy und Notebook.

Jetzt, da Apple-Moses Steve Jobs „the next big thing“ in unsere Hand gedrückt hat, stellt sich die bedrückende Frage: Was machen wir damit? Bücher schmökern, Zeitungen lesen, Filme schauen, Musik hören, also all die schönen alten Medien auf einer neuen Oberfläche nutzen? So geht die Hoffnung der Verlage und Produzenten. Daddeln, surfen, all das geht auch, und deswegen stärken die Eigenschaften und Funktionen der ersten iPad-Generation den Konsumenten in uns. Nicht den schlauen, den interaktiven Gebraucher, sondern den simplen Verbraucher. Schreiben ist nicht, Lesen ist, nicht Drücken, nicht Klicken, Streichen und Wischen lautet die softe Devise.

Apple, das raffinierteste Unternehmen der Welt, hat längst den Status einer Elektronikbude hinter sich gelassen, Apple ist der globale Marktplatz für Medieninhalte. Und nur der darf sich im Supermarkt der Apps tummeln, der an der iTunes-Kasse bezahlt hat. Schon mit dem iPod ist Apple ein gewinnträchtiges Fast-Monopol beim Online-Musikvertrieb gelungen, während der sonstige Tonträgermarkt schrumpft. Wer immer, ob Mensch oder Medienmensch, Steve Jobs vergöttert, der sollte sich eingestehen, dass der Magier das digitale Paradies dirigiert. Sein iPad-Kunde ist sein Versuchskaninchen. Über seinen iTunes-Store erfährt Apple, was der Konsument konsumieren möchte. Das ist Marktforschung am lebenden Verbraucher-Körper für „the next big thing“ bei gleichzeitiger Erlösmaximierung.

Cool bleiben, keiner muss sich über diesen i-Imperialismus erregen, diese Unterwerfung passiert freiwillig. Keiner ist genötigt, sich das Gerät als Distinktionsmerkmal anzuschaffen. Seht her, ich habe ihn, ich bin hip, ich bin Hype – und was seid ihr?

Ein zweiter Blick lohnt sich, ein Blick auf die möglicherweise revolutionären Implikationen des vermeintlichen Dünnbrettbohrers. Den elektronischen Maschinisten muss es glücken, die Qualitäten der Maschine für sich fruchtbar zu machen. Noch keine Tablet-Apparatur sah so nach Print aus, nach Buch, nach Zeitung. Nur Zeitung, nur Buch wird freilich zu wenig sein, es bedarf der Anstrengung der Kreativen, auch hier geeignete Hybride, schlau getunte Inhalte zu finden. Die Druckkunst ist erfunden, jetzt muss die iPad-Druckkunst gefunden werden. Jeder, der davon überzeugt ist, dass Buchstaben, sprich Zeichen, die digitale Zukunft der Medien mitbestimmen sollen, muss sich um die digitale Zukunft dieser Buchstaben, sprich Zeichen, Gedanken machen.

Ob das iPad ein Pfadfinder ins digitale Nirwana oder ins digitale Paradies ist, wird sich schnell herausstellen. Auch für das iPad gilt: Es ist nur so dumm und so gescheit wie der, der es benutzt. Denn es ist eine Maschine.

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