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Diese Drohne des Typs "MQ-1Predator" fliegt über Libyen. Die US-Airforce nutzt sie zur Luftaufklärung, stattet einige Modelle aber auch mit Raketen aus.

© dpa

"Töten per Mausklick": Dem Drohnenkrieg fehlt eine Debatte

Die Bundeswehr wünscht sich bewaffnete Drohnen, am besten bald. Dabei sind die rechtlichen, politischen und ethischen Fragen des Drohnenkriegs ungeklärt, wie am Dienstag erneut eine Studie aus den USA zeigte.

Von Anna Sauerbrey

Amerika hat sie. Israel hat sie. Und die Bundeswehr möchte sie auch gern haben: bewaffnete Drohnen. Ende August hat der deutsche Luftwaffenchef sie für seine Einheiten gefordert. Nun sind ihm weitere Politiker und Bundeswehrangehörige beigesprungen: Vom Wehrbeauftragten des Bundestages bis zum Verteidigungsminister. Hört man ihnen zu, ist die Anschaffung vor allem eine praktische Frage. Wie schnell kann ein gemeinsames europäisches Entwicklungsprogramm Ergebnisse liefern? Oder kauft man lieber in den USA oder in Israel ein? Darüber, dass Drohnen einen militärischen Fortschritt für Deutschland bedeuten würden, ist man sich offenbar einig. Thomas de Maizière sieht in fliegenden Kampfrobotern sogar einen „ethischen Fortschritt“.
In Wahrheit sind die ethischen die politischen Fragen, die mit Kampfdrohnen verknüpft sind, unbeantwortet. Der Drohnenkrieg mag weniger Tote fordern als eine Intervention mit Bodentruppen und langer militärischer Präsenz vor Ort, wie in Afghanistan. Doch er ist vor allem eine neue Art der Kriegführung, die eben auch neue ethische Fragen aufwirft. Wurde die deutsche Beteiligung am Einsatz in Afghanistan noch damit begründet, einen langfristigen politischen Wandel herbeizuführen, geht es beim Drohnenkrieg nach dem „Rasenmäherprinzip“ nur noch um die Eindämmung von Problemen, die instabile Staaten produzieren. Der Drohnenkrieg stellt die Politik vor neue Herausforderungen, was den Zugriff der Parlamente angeht. Er macht die Militärs in höherem Maße abhängig von den Geheimdiensten und konfrontiert Entscheider mit all den schwierigen ethischen und rechtlichen Fragen gezielter Tötungen.

Die USA sind vor einem Jahrzehnt nach dem Prinzip „erst handeln, dann denken“ in den Drohnenkrieg eingestiegen und stellen sich erst jetzt verstärkt einer Debatte. Am Dienstag sorgte der Bericht zweier rechtswissenschaftlicher Institute, der Stanford Law School und der NYU School of Law, für Aufmerksamkeit. Das Papier beziffert die Zahl der zwischen 2004 und 2012 durch US-Drohnen getöteten Personen auf 2562 bis 3325, darunter 474 bis 881 Zivilisten. Die Autoren kritisieren die Intransparenz der Kriterien, nach denen die „Zielpersonen“ ausgewählt werden und fordern die Regierung auf, ihre Strategie generell zu überdenken. Mit der Forderung nach einer schnellen Anschaffung von Drohnen sollen offenbar auch in Deutschland technische Fakten geschaffen werden, bevor diskutiert wird, ob das die Art Krieg ist, die Deutschland zu führen bereit ist.

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