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Meinung: Trialog: Müssen Parteien so dumm sein?

Das Gesetz des Wechsels im Trialog hat es glücklicherweise gefügt, dass es diesmal nicht Wolfgang Schäuble ist, der die Ereignisse der letzten Woche in Berlin kommentieren muss. So werde ich versuchen, den Reigen zu eröffnen und die Frage in den Raum zu werfen, was es eigentlich ist, das die Parteien so strukturell dumm macht.

Das Gesetz des Wechsels im Trialog hat es glücklicherweise gefügt, dass es diesmal nicht Wolfgang Schäuble ist, der die Ereignisse der letzten Woche in Berlin kommentieren muss. So werde ich versuchen, den Reigen zu eröffnen und die Frage in den Raum zu werfen, was es eigentlich ist, das die Parteien so strukturell dumm macht. Was lässt sie so gegen alle Vernunft, gegen ihre eigenen Überlebensinteressen anrennen, wie derzeit bei der Berliner CDU zu besichtigen?

Richard Schröder hat geschrieben: "Das Land Berlin macht immer noch den Eindruck eines Patienten auf Entziehungskur!" Man kann es, bezogen auf die meisten Berliner Parteien, noch deutlich schärfer formulieren: Sie verhalten sich, als seien sie auf Selbstmord-Trip.

Was hatte die Berliner CDU von einem Spitzenkandidaten Wolfgang Schäuble zu erwarten? Ihr Wahlkampf hätte einen Kopf gehabt. Sie hätte einen Mann an die Spitze bekommen, den keinerlei Bindung an den Berliner Filz gehindert hätte. Sie hätten in einem Wahlkampf von zweifellos nationaler Bedeutung ein politisches und intellektuelles Gegengewicht zu Gregor Gysi aufzubieten gehabt. Sie hätten einen Spitzenkandidaten gehabt, dem man als einzigem das Wiederaufrollen der für Berlin entscheidenden Frage des Zusammengehens mit Brandenburg hätte zutrauen können, wenn er schon den Einigungsvertrag gemeistert hatte. Schäuble hätte unter Umständen endlich eine schwarz-grüne Option offen halten können, was der Bundes-CDU aus einer strategischen Misere geholfen hätte. Denn die Sozialdemokraten haben derzeit alle Optionen, die CDU faktisch nur die FDP. Nicht zuletzt: Angela Merkel hätte ein hochkalibriges, liberales Gegengewicht im Norden gegenüber der immer mächtiger werdenden bayrisch-hessischen Achse bilden können.

Hätte. Würde. Wäre. Vorbei!

Was spricht stattdessen für die Entscheidung der Berliner CDU? "Die neue Kraft - Dr. Frank Steffel". Das klingt gernegroß. Seit wann führen prominente Politiker einen Dr.-Titel im Namen? Helmut Kohl wurde "Doktor" Helmut Kohl, als man sich von ihm distanzieren wollte. Jung soll der neue Vorsitzende sein - wurde Eberhard Diepgen abgewählt, weil er zu alt war? Muss man ein talentiertes Greenhorn in so einer Kampagne verbrennen? Und Angela Merkel? In der FAZ lese ich Abstruses: "Führung ist nun einmal die Gabe, sich Probleme und Herausforderer vom Halse zu schaffen." So verkommt jeder Begriff von Politik und politischer Führung, die doch gerade darin liegt, Probleme zu lösen und Herausforderer mit einzubinden.

Und Schwarz-Grün? Nicht erst in Berlin rächt sich, dass die CDU in den vergangenen goldenen Jahren weder in Frankfurt noch in Baden-Württemberg noch in Sachsen, also überall da, wo ein solches Bündnis ein bisschen Glanz hätte entfalten können, je einen ernsthaften Versuch gemacht hat, es dazu kommen zu lassen. So ist nicht zuletzt deswegen die Position gewichtiger Stimmen bei den Grünen, die dafür offen waren, immer schwächer geworden. Das ist eine nüchterne, präzise Feststellung.

Müssen Parteien strukturell dumm sein? Sie müssen nicht, aber es kommt immer häufiger vor. Es wird ein merkwürdiger Wahlkampf werden, man wird viel schwarzen Humor brauchen, ihn gut zu bestehen. Und einen Notiz-Zettel, um sich manches für später vorzumerken!

Antje Vollmer ist Vizepräsidentin des Deutsch

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