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Meinung: Um Kopf und weißen Kragen Von Christoph von Marschall

Wird der russische Energiegigant Jukos am Sonntag zerschlagen, „auf Basis der russischen Gesetze“, wie Außenminister Sergej Lawrow betont? Oder wird der Akt, den der Kreml als Schlussszene des Machtkampfs mit dem Oligarchen und PutinFeind Michail Chodorkowskij geplant hatte, aufgeschoben, vielleicht gar aufgehoben?

Wird der russische Energiegigant Jukos am Sonntag zerschlagen, „auf Basis der russischen Gesetze“, wie Außenminister Sergej Lawrow betont? Oder wird der Akt, den der Kreml als Schlussszene des Machtkampfs mit dem Oligarchen und PutinFeind Michail Chodorkowskij geplant hatte, aufgeschoben, vielleicht gar aufgehoben? Offiziell soll die Versteigerung Jukos-Steuerschulden in Russland eintreiben.

Präsident Putins Arm reicht weit. Nicht nur weit genug, um Oligarchen, die das Machtmonopol des Kreml in Frage stellen, zu enteignen, ins Ausland zu treiben oder ins Gefängnis zu stecken – wie es vor Chodorkowskij mit Beresowskij und Gussinskij geschah. Putins Einfluss war auch groß genug, um im befreundeten Ausland das Kapital zu organisieren, mit dem der Kreml- nahe Konzern Gasprom die zu versteigernden Jukos-Anteile erwerben kann. Oder ist die Frage völlig verwegen, ob Putins Freundschaft mit Kanzler Schröder eine Rolle gespielt hat beim Angebot eines Konsortiums, dem die Deutsche Bank angehört?

Doch da gibt es einen Arm, der noch weiter reicht – für den Moment jedenfalls: der Arm der amerikanischen Justiz. Gasprom muss sich neue Geldgeber suchen, das Konsortium der Deutschen Bank, der französischen BNP Parisbas und der amerikanischen JP Morgan hat ihr Finanzierungsangebot gestoppt. Zuvor hatte Jukos bei einem Gericht in Houston, Texas, Gläubigerschutz nach dem US-Konkursrecht beantragt. Das Gericht verlangt eine Verschiebung der Versteigerung um mindestens zehn Tage. Vielleicht dauert es aber auch länger bis zur Entscheidung. Eine Missachtung könnte teuer werden für die drei Banken, die in den USA operieren.

Und die Moral von der Geschicht’? Das Great Game um die Öl- und Gasvorräte wurde lange Zeit blutig ausgetragen. Russland wie der Westen mischten zum Beispiel bei den Bürgerkriegen in Armenien, Georgien und anderswo im Kaukasus mit: der Transitroute für das Öl aus dem Kaspischen Meer. Um Jukos wird nicht mit der Kalaschnikow gekämpft, sondern mit Juristen in weißen Kragen. Wenn das kein Fortschritt ist!

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