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Meinung: Vergessene Verbrechen

MILOSEVIC WIEDER VOR GERICHT

Kurz vor der Sommerpause der Vereinten Nationen hatte Slobodan Milosevic den Richtern am Haager Tribunal noch seinen berühmten Prozess-Slogan entgegengeschleudert: „That’s your problem!“ Diesmal ging es nicht um Schuld oder Unschuld des Angeklagten, sondern um dessen Gesundheit. Die Richter sorgten sich, dass 140 Stunden Kreuzverhör an 75 Tagen zu viel sein könnten für den Ex-Diktator, der sich wegen Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten muss. Seit gestern geht der Prozess weiter, der eigentlich schon zu Ende sein müsste. Intensive Phasen zu Bosnien und Kroatien folgen noch. Immer unspektakulärer geht das Verfahren seinen Gang. Was im Februar Medienhype auslöste, interessiert nun nur am Rande. Das ist bedauerlich, denn die Ankläger, die anfangs eher fahrlässig schienen, lernten dazu und präsentieren ihre Sache nun stringenter. Gestern berichtete ein kosovo-albanischer Überlebender vom Massaker in der Ortschaft Izbica, wo Ende März 1999 mehr als 150 Bewohner exekutiert wurden. Detailliert erzählt er von der Zeit, als „Kosovo“ ein Medienereignis war. Aber die ganze Wahrheit kommt erst jetzt ans Licht. Und die Kooperation von Washington und Belgrad mit dem Tribunal wird besser. Von dort ist zu hören, dass der Zugang zu Beweismaterial erleichtert werde. Während die Luft für Milosevic dünn wird, mehr und mehr Beweise auftauchen und Zeugen in den Stand treten, ebbt das öffentliche Interesse ab. Es sollte umgekehrt sein. cf

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