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Meinung: Viel versprechender toter Punkt

Viele politische Diskussionen erreichen irgendwann den Punkt, den man im Alltag als den toten bezeichnen würde. Alle haben alles gesagt, die meisten mehrfach.

Von Robert Birnbaum

Viele politische Diskussionen erreichen irgendwann den Punkt, den man im Alltag als den toten bezeichnen würde. Alle haben alles gesagt, die meisten mehrfach. Im Alltag wenden sich die Diskutanten neuen Themen zu. In der Politik ist der tote Punkt oft der, ab dem es ernst wird. Man sollte also davon ausgehen, dass es in Sachen Zuwanderung sehr bald sehr ernst wird. Vordergründig ist seit Wochen nichts passiert. Die Regierung - vorzugsweise deren roter Teil - murmelt vage etwas von Kompromisschancen; die Union erklärt sich scheinheilig bereit, ein komplett nach ihrer Facon umgestaltetes Gesetz mitzutragen, und murmelt ansonsten etwas von Wahlkampfthema. Hinter den Wortkulissen aber herrscht emsiges Nachdenken; besonders emsig bei der Union. Das ist verständlich, denn es geht um Kernelemente des Wahlkampfs. Der vom Kandidaten Stoiber angepeilte Wirtschaftswahlkampf verträgt sich nämlich schlecht mit strikter Blockadehaltung gegen ein Gesetz, das die Wirtschaft für überfällig hält. Zugleich kann die Union schwer abschätzen, wie weit ihr die SPD, ohne Rücksicht auf Grünen-Protest, am Ende entgegen kommt. Stoiber kann zugleich das Risiko einer Niederlage im Bundesrat nur schwer abschätzen, weil die entscheidenden CDU-Landespolitiker - der Brandenburger Schönbohm, der Bremer Perschau, der Saarländer Müller - jeweils sehr eigene Interessen im Blick haben. Dies alles eingerechnet, erscheint die Prognose über den toten Punkt hinaus nicht allzu gewagt: Es wird in diesem Jahr ein Zuwanderungsgesetz geben. Und es wird auch Edmund Stoibers Unterschrift tragen.

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