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Meinung: Währenddessen in Sri Lanka …

Im Schatten der Krise im Libanon ist auf der Insel ein Bürgerkrieg ausgebrochen

Offiziell ist der sri-lankische Waffenstillstand von 2002 noch in Kraft. Doch die Situation auf der Urlaubsinsel im Indischen Ozean spricht dem längst Hohn. Weder die Tamilenrebellen, die seit gut 20 Jahren für Eigenständigkeit kämpfen, noch Regierung halten sich an das, was sie unter internationaler Vermittlung vereinbart hatten. Mehr als Tausend Tote hat es Schätzungen zufolge in diesem Jahr bereits gegeben. Im Windschatten des Libanonkrieges ist die Lage in den vergangenen Wochen noch einmal eskaliert. Hilfsorganisationen sprechen von einer humanitären Katastrophe, das Völkerrecht werde täglich gebrochen. Nicht einmal Mitarbeiter des Flüchtlingswerks UNHCR kommen zu den Menschen in den Krisenregionen. Im Osten rund um Trincomalee an der Grenze zwischen Regierungs- und Rebellengebiet wird inzwischen so stark gekämpft, dass immer mehr Hilfsorganisationen abziehen und selbst die nordische Beobachtermission das Weite gesucht hat. Im Norden ist die von Regierungstruppen gehaltene Halbinsel Jaffna nur noch auf dem Seeweg zu erreichen. Der Bürgerkrieg ist in vollem Gang.

Die internationale Gemeinschaft ist offenkundig ratlos. UN, USA und Europa appellieren an die Kontrahenten, die Feindseligkeiten sofort zu beenden. Ein frommer Wunsch. Die deutsche Entwicklungsministerin hat gedroht, die Entwicklungshilfe zu kappen. Damit kann sie mit einigem Glück die Regierung beeindrucken, die Tamilen wohl eher nicht. Sie haben längst einen Staat im Staat mit eigener Armee und Luftwaffe, Polizei, Steuersystem, eigener Flagge und einem rigoros agierenden, aber selten sichtbaren Rebellenführer. Aber die Menschen in diesen Regionen leiden. Wie schlecht es ihnen geht, das hat die Welt nach dem Tsunami sehen können. Im Süden konnten nach der Riesenwelle wenigstens noch Nachbarn Hilfe leisten. Im Norden hatten nicht einmal die von der Katastrophe direkt verschonten Nachbarn der Opfer etwas. Damals hat die Welt geholfen, sie hat horrende Summen an Spenden gesammelt. Und dann?

Viele dachten damals, die Katastrophe würde die Chance zum Frieden eröffnen. Doch das Misstrauen überwog – auf allen Seiten. Die Rebellen hatten offenkundig Angst, die überwiegend singhalesische Regierung könnte versuchen, mit eingeschleusten Soldaten einen Coup zu landen. Und seit sich vor rund zwei Jahren ein Teil der Tamilen unter dem als Karuna bekannten Rebellenoberst abgespalten hat, ist die Situation noch unübersichtlicher als vorher. Manche Aktion der Tiger wiederum erweckt den Anschein, als schreckten sie nicht einmal davor zurück, sich hinter Kindern zu verschanzen.

Ob die Regierung, in der starke nationalistische Kräfte sitzen, wirklich über einen Frieden verhandeln will, der föderale Strukturen und eine gewisse Eigenständigkeit für die Tamilen bedeuten müsste (während diese ihre paramilitärischen Strukturen aufgeben müssten), bezweifeln viele Beobachter. Nicht erst, seit die EU die LTTE im Mai als Terrororganisation eingestuft und sich dabei offensichtlich verschätzt hat. Die Lage birgt wenig Anlass für Optimismus. Bis Anfang September werden alle Beobachter aus der nordischen Waffenstillstandsmission das Land verlassen, die der EU angehören, weil die LTTE mit ihnen nun nichts mehr zu tun haben will. Wird Sri Lanka dann seinem Schicksal überlassen? Werden bald auch die Norweger aufstecken, die über die Jahre immer versucht haben, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen?

So weit sollte es die Staatengemeinschaft nicht kommen lassen. Deutschland und andere große Geber wie Japan könnten sich aktiv einschalten. Damit Regierung wie Tamilentiger merken: Die Welt guckt nicht weg, wenn sie ihre Bevölkerung abermals zur Geisel nehmen.

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