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WAHLKAMPF 2013: Zwischen Brausepulver und Brillenputztuch

Von wo aus die Parteien ihre Kampagnen steuern.

Wahlkampf ist mühsam. Plakate kleben, an Haustüren klingeln, Flyer verteilen. Immer in der Hoffnung, dass am 22. September doch noch ein paar Prozentpunkte mehr zu holen sind. Als die Grünen sich auf den Bundestagswahlkampf vorbereitet haben, müssen sie geahnt haben, wie anstrengend er wird: „Basislager“ heißt das grüne Wahlkampfbüro, das vor gut einem halben Jahr in einem Ladenlokal neben der Parteizentrale eingerichtet worden ist.

Auch wenn die Ökopartei dabei vermutlich zunächst an ihre eigene Basis gedacht hat, die bei dieser Bundestagswahl erstmals über Spitzenkandidaten und Schlüsselprojekte abstimmen durfte, so stammt der Begriff doch aus der Bergsteigerei. Wer zu einer wochenlangen Exkursion ins Hochgebirge startet, braucht ein Basislager. Es dient als Rückzugsort. In Zelten wird die Verpflegung für die Expeditionsteilnehmer untergebracht. Und wenn sich ein Bergsteiger verletzt, kann er im Basislager versorgt werden.

Für eine Wahlkampfzentrale ist der Begriff gar nicht so unpassend. Schließlich geht es darum, die Spitzenkandidaten möglichst gut für die nächsten Wochen auszurüsten und zu versorgen.

Bei der SPD heißt die Wahlkampfzentrale Kampa. Seit dem Wahlsieg Gerhard Schröders im Jahr 1998 hat dieser Name bei den Sozialdemokraten einen verheißungsvollen Klang. Doch anders als 1998 ist die Kampa heute nicht mehr räumlich von der Parteizentrale getrennt, SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles wollte sie im Willy-Brandt-Haus haben. Auf zwei Etagen arbeiten etwa 80 Mitarbeiter in zehn Teams an der SPD-Kampagne. Dazu gehört die Planung der rund 100 Auftritte, die Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bis zum 22. September absolvieren will. Aber auch die „Tür-zu-Tür-Kampagne“, welche die fünf Millionen Hausbesuche koordiniert, die „Gegnerbeobachtung“, die Reaktionen auf Schwarz-Gelb entwickelt, und das Team, das sich Wahlkampfgeschenke ausdenkt. Hier wurde der Flaschenöffner erfunden, mit dem die SPD sich selbst auf die Schippe nimmt. Als sich im Frühjahr herausstellte, dass der SPD-Slogan „Das Wir entscheidet“ schon von einer Zeitarbeitsfirma benutzt wurde, antwortete Steinbrück auf die Frage, ob man besser hätte recherchieren können: „Hätte, hätte, Fahrradkette“. Dieser Spruch ziert nun einen Flaschenöffner mit Fahrradkette.

Solche „Giveaways“ bieten auch die anderen Parteien. Die Grünen verteilen Brausepulver mit dem Aufdruck „Wir sprudeln vor Ideen“, die FDP Klarsichttücher. Im Einsatz sind aber auch Klassiker: So will die Linke 300 000 Kugelschreiber, 150 000 Feuerzeuge und 175 000 rote Brillenputztücher unters Volk bringen.

In die CDU-Zentrale ist für die Wochen bis zur Wahl das „teAM Deutschland“ eingezogen. Im Namen der jungen Wahlkampfhelfer (Durchschnittsalter 25) steckt das Programm der Partei: AM steht für Angela Merkel, die Hauptbotschaft der CDU. Für den Wahlkampf hat Merkel den Werber Lutz Meyer engagiert, Chef der Berliner Werbeagentur Blumberry. Eine kleine Spitze gegen die SPD. Meyer gehörte zu denen in der Kampa, die im Jahr 1998 der SPD zum Erfolg verhalfen. Meyer hat das Deutschlandzimmer im Konrad-Adenauer-Haus gestaltet – ein Raum mit Lampen im CDU-Orange sowie unterschiedlichen Stühlen, welche die 16 Landesverbände gespendet haben. Dort besprechen die CDU-Vorsitzende und ihr Generalsekretär Hermann Gröhe mit ihren Mitarbeitern die Wahlkampfstrategie der Partei. Im Foyer des Konrad-Adenauer-Hauses steht ein umgebauter Parkscheinautomat, ebenfalls in knalligem Orange: der „Spendomat“, in den Besucher ihre Spenden für den Wahlkampf stecken können. Die Grünen versuchen es übers Internet: Dort sammeln sie bei ihren Anhängern Spenden für Großplakate.

Finanziell sind die Parteien unterschiedlich für die Zeit bis zur Bundestagswahl gerüstet. Die SPD hat einen Etat von 23 Millionen zur Verfügung, gefolgt von der CDU mit 20 Millionen. Beide haben damit mehr Geld zur Verfügung als FDP (vier Millionen), Linke (sechs Millionen) und Grüne (5,5 Millionen Euro) zusammen. Das Geld wird nicht mehr nur für Plakate, Handzettel und Veranstaltungen ausgegeben, sondern zunehmend auch für die Kampagne im Internet. So steckt die FDP 20 Prozent ihrer Bundesmittel in den Online-Wahlkampf.

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