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Meinung: Warum braucht Berlin immer mehr Parkzonen?

„Vorbild München: Masterplan für mehr Parkzonen in Bezirken“ vom 21. Januar Da hat doch tatsächlich der „oberste Verkehrsplaner des Senats“ Friedemann Kunst nichts Besseres zu tun, als die massive Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung innerhalb des S-Bahnrings zu planen.

„Vorbild München: Masterplan für mehr Parkzonen in Bezirken“ vom 21. Januar

Da hat doch tatsächlich der „oberste Verkehrsplaner des Senats“ Friedemann Kunst nichts Besseres zu tun, als die massive Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung innerhalb des S-Bahnrings zu planen.

München, vollmundig zum Maßstab genommen, hat zwar einen ca. 25 Prozent höheren Motorisierungsgrad und eine deutlich höhere Bevölkerungsdichte, aber das ficht ja Sinn und Zweck nicht an. Auch nicht, dass im Gegensatz zu Berlin die engmaschige Überwachung des ruhenden Verkehrs in München hervorragend klappt.

Anstelle sich endlich ernsthaft um die seit vielen Jahren ungelösten Verkehrsprobleme dieser Stadt, z. B. die Parkraum blockierenden Dauer-

baustellen, den in seiner Verlässlichkeit einem Glücksspiele gleichenden ÖPNV oder den katastrophalen Zustand vieler Hauptverkehrsstraßen zu kümmern, werden verkehrsplanerische Luftschlösser entwickelt, die zuerst an anderer Stelle dringend benötigte Gelder verschwenden und danach nicht kostendeckend beglichen werden können. Die Erfolgsstory lautet dann: In den Ordnungsämtern wurden 63 Kontrolleure neu eingestellt. Bravo!

Florian Massinger, Potsdam

Eine ausreichende Versorgung mit Parkplätzen wird allgemein für erforderlich gehalten, und auf den meisten Straßen besteht auch die Möglichkeit, sein Auto kostenfrei abzustellen. Städte wie Berlin wurden aber zu einem großen Teil in einer Zeit gebaut, in der das Auto überhaupt noch nicht die Verbreitung hatte wie heute. Innerhalb des S-Bahnrings ist einfach nicht genug Platz, um alle Autos auf der Straße abstellen zu können. Und das ist der Konflikt. Viele Bürger fordern, dass genug Parkplätze geschaffen werden, wollen aber gleichzeitig nicht für den erforderlichen Stellplatzbedarf zahlen.

Im Grunde wissen wir aber alle, dass es mit dem Autofahren in absehbarer Zeit ein Ende

haben wird. Der private Autoverkehr trägt in

erheblichem Umfang zur Luft- und Lärmbelastung in der Stadt bei. Trotz Umweltzone ist ohne eine deutliche Reduzierung des Autoverkehrs

die notwendige Umweltverbesserung nicht zu

erreichen.

Die neue Berliner Mitte mit vielen Ministerien, dem Hauptbahnhof, Einkaufsstraßen und vielem mehr wurde nach dem Vorbild der „Europäischen Stadt“ gebaut ( hohe Baudichte und einer Mischung von Wohnen und Arbeiten). Ein anderes Beispiel für modernen an der „Europäische Stadt“ orientierten Städtebau ist der Prenzlauer Berg. Dieses Gebiet wurde nicht von Sanierungsträgern, sondern von den Eigentümern erneuert. Im Gegensatz zur alten Westberliner Praxis, mit viel Abriss, wurden dort erstaunlicherweise die Hinterhofwohnungen zuerst erneuert. Heute ist dieser Stadtteil ein begehrtes Wohngebiet. In diesen Gebieten wurden sehr wenige Stellplätze gebaut. Jeder Berliner weiß, dass man dort nach Parkplätzen suchen und dafür auch bezahlen muss. Trotzdem sind diese Gebiete sehr beliebt. Dort kann man gut ausgehen und shoppen. Und viel mehr Menschen wollen dort leben, als Wohnungen vorhanden sind. Die „Europäische Stadt“ ist also ein Erfolg. Sie ist nicht nur eine „Idee verrückter Stadt- und Verkehrsplaner“.

Parkraumbewirtschaftung ist ein Instrument zur Lenkung des Verkehrs mit vielfältigen Möglichkeiten. Dabei ist es notwendig, sich an Zielen zu orientieren. Wir brauchen weniger motorisierten Individualverkehr, wir brauchen aber den notwendigen Versorgungs- und Lieferverkehr. Das geht mit Parkautomaten oder mit Parkscheiben. Eine ausreichende Überwachung wird aber in jedem Fall erforderlich sein. Ausnahmen von der Bewirtschaftung müssen auf einen minimalen Teil begrenzt bleiben. Wir benötigen eine flächendeckende Bewirtschaftung, um Verschiebungen des Parkraumproblems zu vermeiden, und um eine ausreichende verkehrsreduzierende Wirkung zu erreichen.

Das Grundprinzip der Parkraumbewirtschaftung besteht darin, dass in zentraler Lage mit guter attraktiver Infrastruktur Parkgebühren steigen. In Berlin funktioniert dieses Prinzip aber häufig wegen der Zuständigkeit der Bezirke nicht. Warum zahle ich z. B. am Potsdamer Platz Gebühren und in unmittelbarer Nähe keine Parkgebühren?

Viele Argumente gegen die Berliner Parkraumbewirtschaftung sind aber schlicht ungerecht. Warum soll die Praxis in München mit Anwohnerparken auf der einen und Parkautomaten auf der anderen Straßenseite besser sein als die Berliner Lösung, bei der liberal überall an Parkautomaten gezahlt oder als Anwohner geparkt werden kann. Nachuntersuchungen haben übrigens gezeigt, dass die Bewohner und Nutzer von Parkraumgebieten ein bis zwei Jahre nach der Einführung zufrieden sind. Für den geplanten Masterplan Parken sollte aber ein Konsens mit den Interessenverbänden (u. a. ADAC und IHK) gefunden werden. Mit einer flexiblen Anwendung der vielfältigen Möglichkeiten der Parkraumbewirtschaftung könnten weitgehende Ziele zur Verkehrsberuhigung in der Innenstadt erreicht werden.

— Dipl.-Ing. Michael Lehmbrock, Stadt- und Regionalplaner (TU Berlin), wiss. Mitarbeiter am Deutschen Institut für Urbanistik

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