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Meinung: Was hat die Woche gebracht ...

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...für Plaudertaschen

Mund zu und die Reihen fest geschlossen, das ist die Parole, die die CDU-Führung nach der Berlin-Wahl ausgab. Nur nicht über den Kanzlerkandidaten reden. CSU-Chef Stoiber glaubt ja schon lange, dass die CDU ein undisziplinierter Haufen ist. Diesmal wurde die Schweigeorder aber von Seiten der CSU durchbrochen. Als oberste Plaudertasche betätigte sich Landesgruppenchef Michael Glos. Er plädierte nicht nur für eine Regierungsbeteiligung der PDS in Berlin, sondern brachte auch Wolfgang Schäuble als Kanzlerkandidaten ins Gespräch - nachdem die Ermittlungen gegen Schäuble wegen Falschaussage eingestellt wurden. Schweigen ist gut, es sei denn, plaudern hilft Stoiber - gegen Angela Merkel.

...für Schweiger

Gerade war die CDU-Vorsitzende dabei, etwas Boden gut zu machen, da legt ihr die CSU wieder Steine in den Weg. Weil Merkel gegen den führungsstarken Schäuble schwach aussieht. Denn zu dessen Zeiten präsentierte sich die CDU nicht als so kopflose Truppe wie im Moment. Doch Merkel hält sich weiter an die eigene Schweigeverordnung. Und mit jeder Krise, die sie übersteht, wächst auch in den eigenen Reihen der Respekt - vor den Nehmerqualitäten dieser ersten weiblichen Parteivorsitzenden der CDU.

...für Briefschreiber

Dies ist keine Zeit für die Liebhaber des Postwegs. Die Angst vor dem weißen Anthrax-Pulver geht um - auch nachdem der erste ernsthafte Verdachtsfall in Deutschland sich als Fehlalarm erwies. Bis auf weiteres gilt: Besser keine Liebesbriefe aus Florida und arabischen Ländern nach Deutschland schicken. Schon gar nicht mit Sand von irgendwelchen Traumstränden.

...für Briefempfänger

Nicht alles, was in Briefform seinen Adressaten erreicht, ist von Übel. Das durften die Grünen erfahren. 30 Stunden hatten sie sich mit dem Koalitionspartner um Schilys Sicherheitspaket gestritten. Am Ende stimmten die Grünen zähneknirschend zu. Die Belohnung kam danach, beim Gläschen Rotwein. Dort übergab Schily dem Partner zwei Umschläge mit neuen Vorschlägen zur Zuwanderung, die den Grünen weit entgegenkamen. Der Kanzler hatte die Parole ausgegeben: Koalition sichern. Und so überließ die SPD es den Grünen, in Sachen Zuwanderung einen Sieg zu verkünden.

...für Cyber-Menschen

Die Faszination für virtuelle Welten hat nicht erst nach dem Abschmieren der Software-Aktien stark abgenommen. Seit Terroristen die hoch technisierte Erste Welt mit Low-tech-Angriffen in Schrecken versetzen, fühlen die Bürger dort sich auf ihre Leibhaftigkeit zurückgeworfen. Wo die Bedrohung - auch die bakterielle - auf reale Körper zielt, können virtuelle Ersatz-Identitäten die Menschen nicht retten. Das Paralleluniversum kommt bis auf weiteres auf den Schrottplatz der Geschichte.

...für Realpolitiker

Warum tun sich Politiker das an? Trotz E-mail, Handy und Videotelefon bewegen sie immer noch ihren erdenschweren Körper durch die Welt, um andere Politiker zu treffen, die sich dafür morgens um fünf aus dem Bett quälen. Joschka Fischer im Nahen und Mittleren Osten, Gerhard Schröder im Mittleren und Fernen: In der Krise gilt immer noch der kräftige Händedruck als Vertrauensbeweis - so wie das unübermittelte, direkte Wort. Und: Eine echte Unterschrift des chinesischen Führers mit schwarzer Tinte unter Milliardenverträge für die deutsche Wirtschaft kommt im Fernsehen immer besser als eine elektronische Signatur.

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