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Meinung: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing

„Wehret den Verharmlosungen“ von Moshe Zimmermann vom 20. Dezember Der Artikel von Moshe Zimmermann, der seine und seiner Kollegen Arbeit zur Geschichte des Auswärtigen Amtes (AA) verteidigt, provoziert Widerspruch.

„Wehret den Verharmlosungen“

von Moshe Zimmermann

vom 20. Dezember

Der Artikel von Moshe Zimmermann, der seine und seiner Kollegen Arbeit zur Geschichte des Auswärtigen Amtes (AA) verteidigt, provoziert Widerspruch. Worum geht es eigentlich? Wirklich darum, ohne falsche Rücksichtnahme das Ausmaß der tatsächlichen Verstrickung des Amtes wie der in seinem Namen handelnden Personen offenzulegen und den Mythos des Auswärtigen Amtes als Enklave des gesitteten Bürgertums inmitten der menschenmordenden Raserei zu verteidigen? Wenn es den Mythos je gegeben hat, ist er doch längst destruiert. Die vier Autoren haben – so die bemerkenswerte Aussage von Herrn Conze – 1,2 Millionen Euro vom damaligen Minister Fischer zugewiesen bekommen, um festzustellen, was längst festgestellt worden war.

Warum der Aufwand? Um einen Streit darüber zu führen, ob das AA nun führend, mitwirkend oder verstohlen bremsend am Genozid beteiligt war? Darum geht es noch nicht mal am Rande. Schon gar nicht einem Politschwergewicht wie Joschka Fischer. Der wollte den arroganten Mandarinen des AA, die ihm politisch eher ungern dienten und ihn gesellschaftlich verachteten, endlich zeigen, wo Barthel den Most holt. Rache? Na ja! Aber doch mindestens ein genüsslicher Tritt in die Weichteile für Leute, die er mindestens so verachtete wie diese ihn. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing? Die Herren haben Fischers Brot verzehrt und getan, wie ihnen geheißen! Kein Vorwurf: Jede Unternehmensberatung tut jeden Tag nichts anderes. Neues haben sie nicht zutage gefördert, aber die Tradition und Nachkriegslegitimation des AA in Zweifel gezogen. Indem sie Belastendes hervorgehoben und Entlastendes gering gewichtet haben, auf Differenzierung verzichtet, wo diese angebracht gewesen wäre, indem sie von Kiesinger bis Brandt und Genscher den Ministern unterstellen, im braunen Augiasstall sitzend keine Putzkolonne zum Einsatz bringen zu wollen. Geschichtspolitisch hat Fischer einen Coup gelandet.

Das Auswärtige Amt erscheint nicht mehr als eine Behörde, in der alte und neue Demokraten für den moralischen Wiederaufstieg ihres schuldigen Volkes arbeiteten, sondern als Hochburg einer Kamarilla, die sich gegenseitig Persilscheine ausstellte! Wahrlich ein Zerrbild!

Fischers Coup gelang, weil sein in jederlei Hinsicht leichtgewichtiger Nachnachfolger weder Mut noch Anstand hatte, sich vor sein eigenes Haus zu stellen. Eine Pleite mehr für den Pleiteminister schlechthin.

Udo Marin, Berlin-Frohnau

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