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Meinung: Wir heulten wie die Schlosshunde

Ich war abends in der Dunkelkammer. Aus meinem Fernseher hörte ich die Nachricht von Schabowski.

Ich war abends in der Dunkelkammer. Aus meinem Fernseher hörte ich die Nachricht von Schabowski. Meine Freundin und ich fuhren zur Chausseestraße. Beim Grenzübergang stand eine Traube von Menschen, die plötzlich verschwand. Vor dem Törchen stand ein kleiner dicker Grenzer. Mir war mulmig zumute, aber ich fragte: „Kann man jetzt ganz normal mit dem Personalausweis nach Kreuzberg, ein Bier trinken?“ Und er: „Selbstverständlich.“ Ich sagte: „Na dann lassen sie uns durch.“ Er: „Wir sammeln.“ Wir warteten, bis wieder 30, 40 Leute gekommen waren, dann mussten alle rein in den Grenzübergang. Am Ende war eine große Eisentür mit einem kleinen Türchen. Ich bin dann als Erster durch. Der Erste, der vor mir stand, war ein Freund von mir, der 13 Jahre vorher ausgereist war. Wir fielen uns um den Hals und heulten wie die Schlosshunde.

HARALD HAUSWALD (55)

Fotograf

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