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Meinung: „Wir sind auf die Börse vorbereitet“

Um die Rolle von Gunter Thielen bei der Bertelsmann AG zu begreifen, muss man wissen, was den gebürtigen Saarländer mit dem Gütersloher Medienkonzern verbindet: Beide sind in der Provinz zu Hause, proklamieren konservative Werte, sind aber in der Weltwirtschaft aktiv. Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaften hatte Thielen studiert und bei der BASF gearbeitet, bevor er 1980 nach Gütersloh ging, um die Tiefdruckereien zu leiten.

Um die Rolle von Gunter Thielen bei der Bertelsmann AG zu begreifen, muss man wissen, was den gebürtigen Saarländer mit dem Gütersloher Medienkonzern verbindet: Beide sind in der Provinz zu Hause, proklamieren konservative Werte, sind aber in der Weltwirtschaft aktiv. Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaften hatte Thielen studiert und bei der BASF gearbeitet, bevor er 1980 nach Gütersloh ging, um die Tiefdruckereien zu leiten. Dem Unternehmen diente er treu. Das Ende seiner Karriere war ausgemacht, als er kurz vor seinem 60. Geburtstag stand und die firmeneigene Altersgrenze nahte. Dann änderte sich alles. Ausgerechnet der Antistar Thielen, wohl deshalb engster Vertrauter des Firmenpatriarchen Reinhard Mohn, wurde überraschend Nachfolger des öffentlichkeitswirksamen New-Economy- Aufsteiger Thomas Middelhoff.

Dreieinhalb Jahre später hat Thielen einen Teil seiner Aufgabe erfüllt: Ganz unspektakulär konsolidierte er den fünftgrößten Medienkonzern der Welt, auch wenn das Buchclubgeschäft und die Musiksparte noch Sorgen machen. Vor allem aber missbrauchte der Freizeitsportler, der kein Problem damit hat, anderen den Vortritt zu lassen, niemals das Vertrauen der Familie, allen voran das von Liz Mohn. Solide geregelt ist auch seine Nachfolge. Es gilt als ausgemacht, dass Hartmut Ostrowski, Chef der Dienstleistungssparte Arvato, im August 2007 aufrücken wird.

Die jetzt anstehende Aufgabe wird Thielens letzte sein. Er muss die einzig verbliebene Erinnerung an Middelhoff ausmerzen. Der holte 2001 mit der Groupe Bruxelles Lambert einen familienfernen Aktionär ins Unternehmen. Jetzt ist die Gelegenheit dafür gekommen, will die Gruppe doch ihre 25 Prozent an die Börse bringen. Thielen weiß: Alle Macht über Bertelsmann muss in der Familie bleiben, bei Liz Mohn und den Kindern.

Anders als Middelhoff, der Bertelsmann-Aktien als Tauschwährung betrachtete, weiß der zweifache Vater Thielen, dass für Liz Mohn einzig die Familie zählt. Risiken sind zu meiden, Entscheidungen im kleinen Kreis zu fällen. Thielen ist so weit. Bertelsmann ist reif für die Börse. Gerade wurde als Nachfolger des langjährigen Finanzvorstands Siegfried Luther Thomas Rabe berufen, der sich auf dem Börsenparkett heimisch fühlt. Mit ihm wird Thielen dieses Projekt zu Ende bringen: den Börsengang. Und danach? Danach wird der vermeintliche Übgergangskandidat in die Firmengeschichte eingegangen sein.

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