zum Hauptinhalt

Zeitvertreib zwischen den Jahren: Kino ist noch schlimmer als Fernsehen

Zwischen den Jahren ist ja die Zeit, wo man machen kann, was man sonst nie macht. Unser Kolumnist ist deshalb ins Kino gegangen - und kam ziemlich ernüchtert wieder.

Ich verstehe auch nicht, warum sich so viele Menschen über das Fernsehen aufregen, manchmal denke ich, das könnte auch daran liegen, das viele Menschen mit dem Fernseher nicht richtig umgehen können und zum Beispiel immer einen falschen Sender einschalten oder eine falsche Fernsehsendung gucken.

Ich glaube nicht, das sich die meisten Menschen über das Fernsehen deshalb aufregen, weil sie der Meinung sind, sie könnten im Prinzip ein besseres Programm auf die Beine stellen, wenn man sie nur mal ließe.

Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass ja doch einige Rundfunkgebühren bezahlen und deshalb davon ausgehen, dass sie für ihr Geld ein bisschen mehr erwarten könnten, andererseits sind da mitunter ja auch welche dabei, die sich jetzt zu Silvester Feuerwerkskörper und Böller kaufen – die beschweren sich ja auch nicht darüber, dass so ein Böller nicht drei Stunden lang knallt.

Ich war jetzt Zwischen den Jahren mal im Kino, das war nicht schön, das war im Gegenteil ein so schlimmes Erlebnis, das es irgendwie auch zum Rest des Jahres passte, dabei sollte es das eben gerade nicht – ich dachte, ich könnte ja mal was machen, was ich im Prinzip nie mache, weil doch viele Menschen Zwischen den Jahren Dinge tun, die sie sonst nicht tun würden. Manche legen sich aufs Sofa und lesen mal ein Buch, andere fahren Ski, und sie sagen, dass sie dazu ja nur Zwischen den Jahren kommen würden. Und ich bin eben ins Kino gegangen.

Ich meine: Natürlich gehe ich auch unterm Jahr mal ins Kino, aber meistens schaue ich mir dann Filme an, von denen ich glaube, dass man irgendwie von mir erwartet, das ich mir die anschaue, „Der Gott des Gemetzels“ war vor kurzem so ein Film, da habe ich dann natürlich auch sofort „Bekannte“ im Kino getroffen.

Aber jetzt wollte ich mir einen so genannten Action-Film anschauen, ich hatte da Lust drauf, außer mir ist mir allerdings auch keine Person näher bekannt, die auf so etwas Lust hätte, deshalb bin ich allein ins Kino gefahren, in so ein großes Kino mit vielen Sälen. In so einem Kino war ich das letzte Mal vor, na ja, sieben oder acht Jahren, und eigentlich sollte man meinen, das man nicht verlernen kann, wie das funktioniert: ins Kino zu gehen. Das ist doch wie schwimmen oder wie Fahrrad fahren.

Tatsächlich scheint sich aber die Art, wie Menschen ins Kino gehen in den vergangenen Jahren grundlegend verändert zu haben. Vielleicht haben sich auch nur die Menschen geändert, eventuell aber auch nur ich, so genau weiß man das ja nicht, jedenfalls schien ich der einzige in diesem Kino zu sein, der alleine gekommen war, um sich einen Film anzuschauen, alle anderen kamen in Gruppen, teilweise in Reisegruppen, die meisten waren in einem Alter, in dem man Gruppen wohl Cliquen nennt.

Cliquen haben sich ja dauernd was zu erzählen, jeder kennt irgendeine Geschichte, die die anderen jetzt aber unbedingt mal hören müssten, so hörte auch ich beim Anstehen an der Kinokasse allerhand Geschichten, deren Sinn sich mir nicht immer erschloss. Die Kinokasse war dann auch im weitesten Sinne eher eine Verzehrstation.

Gut, es gab auch die Kinokarte zu kaufen, aber hauptsächlich wurden Snacks und Getränke verkauft, die Menschen machten von dem vielfältigen Angebot exzessiven Gebrauch. Und so war ich mir nicht ganz sicher, ob die meisten Besucher nicht eher zum Essen gekommen sind – und nicht, um sich einen Film anzuschauen.

Im Saal wurde gemampft, geschmatzt, getrunken, nebenbei wurde geredet, ich saß neben zwei Freunden und musste mit anhören, wie der eine dem anderen erklärte, dass die Bösen in amerikanischen Filmen im Prinzip immer Araber seien, auch wenn es sich um Außerirdische handeln würde. Da das Kino bis auf den letzten Platz ausverkauft war, konnte ich mich nicht umsetzen.

Der Film war gar nicht mal schlecht, gute Unterhaltung, bisschen mehr als zwei Stunden, und ich bin der Meinung, dass man sich im Prinzip zwei Stunden am Stück einen Action-Film anschauen kann, so anstrengend ist das nicht.

Aber nach einer Stunde gab es dann tatsächlich eine Pause, ich schien der einzige zu sein, den das verblüffte, alle anderen standen brav auf und verließen den Saal, und als sie wiederkamen hatten sie sich neue Snacks gekauft und neue Getränke, die Pause hatte also nur einen Zweck: den Verkauf anzukurbeln. Mit Werbung, Pause und Film dauerte mein Kinoerlebnis drei Stunden.

Ich habe für dieses Erlebnis knapp zehn Euro bezahlt, drei Stunden Fernsehen kosten mich als Gebührenzahler ungefähr sieben Cent.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false