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Meinung: Zurück auf der Erde

Bush will den Mars, Schröder die Elite: zur deutschen Version von Vision

Bundeskanzler Schröder und US-Präsident Bush haben dieser Tage etwas gemeinsam. Beide wollen ihr Land fit für die Zukunft machen, wollen Spitze bleiben (in Deutschland: werden) bei Bildung und Forschung. Fast zeitgleich rufen sie zur groß angelegten Innovationsoffensive. Und doch könnte der Unterschied zwischen Schröder und Bush, zwischen Deutschland und den USA, nicht größer sein. Der amerikanische Präsident proklamiert seinen Anspruch nicht etwa auf einer Klausurtagung der Republikaner. Bush stellt sich ins Hauptquartier der Nasa, sagt „Es wird Zeit, dass Amerika den nächsten Schritt macht“ und meint damit mal eben die Eroberung des Mars und später des ganzen Sonnensystems. Einen Mangel an Visionen kann man dem Präsidenten wahrlich nicht unterstellen, Hybris schon eher.

In Deutschland verläuft der Auftakt zum Aufbruch viel gesitteter. Mit Klausurtagungen, allerhand Papieren, Gesprächszirkeln und einem Ziel, das viel schlichter klingt, als die Eroberung des Sonnensystems. Bei uns geht es darum, den Wohlstand zu sichern. Arbeitsplätze statt Mars-Attacke. Doch das Wohl auf Erden könnte in Deutschland noch schwerer zu erreichen sein als benachbarte Planeten. Bislang macht die Bundesregierung es einem schwer, an die Ernsthaftigkeit des Innovations-Unterfangens zu glauben. Denn noch ist der laut postulierte Anspruch nicht mal im Ansatz gedeckt. Das Problem ist erkannt, das Ziel formuliert, doch der Weg dorthin noch nicht zu erkennen.

Wenn sie wirklich gelingen soll, die Innovationsoffensive, muss sich Dreierlei ändern. Natürlich muss mal wieder mehr Geld her. Wer Spitzenuniversiäten schaffen, eine exquisite Grundlagenforschung fördern und zugleich noch bei der Übertragung von wissenschaftlicher Erkenntnis in erfolgreiche Produkte helfen will, muss sich das etwas kosten lassen. Da die Gelder weder durch Wachstum noch durch zusätzliche Steuern fließen werden, muss die Regierung die Prioritäten im Haushalt anders setzen. Die seichte Aufbesserung des Bulmahn-Haushalts reicht bei weitem nicht aus.

Zweitens müssen die Strukturen bei Bildung und Forschern reformiert und die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern neu geregelt werden. Insofern hängt das Gelingen der Innovationsoffensive entscheidend vom Erfolg jener Kommission ab, die die bundesstaatliche Ordnung reformieren soll. Eine echte Verbesserung der Bildungs- und Forschungslandschaft kann nur gelingen, wenn Bund und Länder dies als gemeinsame Aufgabe begreifen. Nur so können die Gelder sinnvoll eingesetzt werden, nur so kann jener Wettbewerb zwischen Universitäten, Fakultäten und Instituten entstehen, ohne den der Anreiz zur Spitzenleistung fehlt. Wäre die Regierung mutig, müsste sie sich rasch verabschieden vom Glauben, es ginge auch ohne Studiengebühren und ohne leistungsgerechte Bezahlung an den Universitäten aufwärts.

Und dann wäre da noch das Klima, in dem all das stattfinden soll, ein weicher Faktor gewiss, aber nicht minder wichtig. Das Bekenntnis einer Regierung, der Innovation höchste Priorität beizumessen, stärkt denen den Rücken, die in diesen Bereichen arbeiten und das Gewünschte leisten sollen. Zur Klimaverbesserung ist auch ein Innovationsgipfel durchaus hilfreich, wie er gestern Abend erstmals im Kanzleramt tagte. Als Signal mag die Runde wichtig sein, doch mehr sollte man sich von diesem jüngsten aller Kanzlerräte nicht erhoffen. Kritiker weisen darauf hin, dass einige der Geladenen sich in ihren Unternehmen nicht gerade durch hochinnovatives Handeln hervorgetan hätten. Querdenker jedenfalls fehlen.

Doch auch das künstlich aufgehellte Klima wird sich rasch wieder trüben, wenn konkrete Schritte zu lange auf sich warten lassen, wenn also der Beleg fehlt, dass diese Offensive mehr ist als schöne Worte.

Markus Feldenkirchen

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