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Rundfunkgebühren: Zwangsabgabe fürs Wellness-Programm

Ob einer will oder nicht, ob er einen Fernseher hat oder keinen: Mit einer Zwangsabgabe beschaffen sich ARD und ZDF frisches Geld für eine teuere öffentlich-rechtliche Monokultur.

BeckmannJauchMaischbergerPlasbergWill, das ist das öffentlich-rechtliche Fernsehprogramm der Zukunft. Eine teure Monokultur, gedüngt mit den Rundfunkgebühren. Und damit sie blüht und gedeiht, wird an der Gebührenschraube gedreht. Die 16 Ministerpräsidenten haben sich auf ein neues Erhebungsmodell verständigt. Die Koppelung der Gebührenpflicht an das Bereithalten eines Empfangsgerätes im Haushalt wird abgelöst von einer allgemeinen Haushaltsabgabe, egal welche und wie viele Geräte Radio und Fernsehen empfangen können. Die Mobilmachung des Rundfunks zum Überall-Sehen und Jederzeit-Hören hat die alte Gebührenbegründung obsolet gemacht.

Das ist die eine, die offizielle Version. Die inoffizielle Version geht so: Deutschland ist auf dem Weg zum Land der Schwarzseher und Schwarzhörer, in Berlin sollen sich mehr als 20 Prozent der Haushalte der Gebührenpflicht entziehen.

Es ist eine Mischung aus Laissez-faire, Ignoranz und Inkompetenz, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten mittels der GEZ-Beauftragten nicht in der Lage sind, die Gebühren einzutreiben. Die Haushaltsabgabe ist von 2013 an die Formel zum gesicherten Einkommen der Anstalten. Die Existenz eines Fernsehers kann jeder verneinen, die Existenz eines Haushaltes kaum einer. Jeder braucht die Müllabfuhr, jeder braucht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, das ist die Logik dahinter. So verwandelt sich die Absicht einer Gebührengerechtigkeit in eine Gebührenbeschaffungsmaßnahme. Der Bürger hat keine Wahlfreiheit mehr, er wird zum Gebührendienst verpflichtet.

Zugleich werden die 7,60 Milliarden Euro an jährlichen Gebühreneinnahmen fortgeschrieben, mindestens. ARD, ZDF und das Deutschlandradio sind in Schlaraffia angekommen. Nicht der tragische Unfall in der ZDF-Show „Wetten, dass...?“, es ist der Sonderstatus dieser Medienhäuser, die nach einer Debatte über die Verwendung dieser gewaltigen Summe verlangen. Die Lobbyisten von ARD & Co. in der Politik, die sich gar zu gerne von der Fernsehsonne wärmen lassen, werden sie nicht führen. Trotzdem ist der Druck da.

Es sind beileibe nicht nur die Schwarzseher und Totalverweigerer, die von den Programmleistungen nichts wissen wollen. Phoenix, Arte oder Deutschlandfunk kommen ihrem Bildungs- und Informationsauftrag zwar nach, doch was findet in den so genannten Hauptprogrammen statt, dort, wo sich Tag für Tag, Abend für Abend 20 Millionen Menschen und mehr einfinden? Renommierte Formate wurden abgedrängt, Dokumentationen in die Nacht vertröstet, die Politmagazine gekürzt, wann immer sich die Gelegenheit bietet, mehr Unterhaltung in die Abendstrecke zu schieben – sie wird konsequent genutzt. Das Erste ist da der Spitzenreiter, jetzt, da die Talkshow zur Königsdisziplin der Information ausgerufen wurde.

ARD-Programmdirektor Volker Herres ortet das Programm von RTL zwischen „banal“ und „anal“. Er setzt auf Distanz, auf krachende Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlich Gutem und dem kommerziellen Bösen. Richtig ist, dass die privaten Sender unter Renditedruck stehen und dem Massenpublikum geben, wonach dem der (leichte) Sinn steht. Doch ARD und ZDF wollen in diesem Leistungswettbewerb auf Quote komm raus mithalten. Sie zahlen, nur zum Beispiel, für die Übertragungsrechte eines Fußball-Länderspiels sechs Millionen Euro. Der Zuspruch dankt es, was aber ist an einer Fußball-Übertragung öffentlich-rechtlich?

Was sich in der Primetime, speziell zwischen „Tagesschau“ und 22 Uhr abspielt, ist Wellness-Fernsehen, barrierefreies Programm, das zuvorderst zerstreuen und selten anstrengen will. Jubel bricht in den Anstalten von ARD und ZDF aus, wenn die private Konkurrenz geschlagen worden ist. Das soll, finanziert durch das frische Geld aus der Haushaltsabgabe, mit Show und Fiktion und Talk weiter glücken – mit den Fixsternen eines Quotenbeschaffungsfernsehens.

So schafft sich jeder seine eigene Realität. Die Medienpolitiker denken sich ihre Haushaltsabgabe schön, die öffentlich-rechtlichen Programmmacher tänzeln durchs Quoten-Wunderland. Nur die Zuschauer, die die Ursprungsidee eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks hochhalten, ärgern sich schwarz. Die Haushaltsabgabe finanziert das falsche Programm.

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