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Meinung: Zwingt Rot raus, Grün rein

Parteitage in NRW zeigen: Steinbrück hat sich verrechnet

Wenn Politik die hohe Kunst ist, einen grauen Himmel blau zu reden, hat Peer Steinbrück gestern in Bochum die Meisterprüfung zum Polit-Meteorologen abgelegt. Was war da in den vergangenen sechs Wochen und im Laufe von noch mehr Krisensitzungen nicht alles versprochen worden! Auf ein Kippen der ungeliebten Koalition mit den Grünen hatte sich die Öffentlichkeit gar einzurichten begonnen, der markig auftretende Ministerpräsident verlangte mehr „Rot pur“ im Erscheinungsbild seiner Regierung. Und dann das! Am Ende verzichteten die Sozialdemokraten kleinlaut auf die Magnetschwebebahn Metrorapid. Außerdem wurde ein schnellerer Abbau der Kohlesubventionen vereinbart und noch einiges Rankenwerk, das man als grünes Einlenken interpretieren könnte. Jetzt mussten sich die Parteispitzen den Segen der Basis für das sogenannte „Düsseldorfer Signal“ holen, die SPD in Bochum, die Grünen in der Landeshauptstadt.

Die Stimmung bei den Sozialdemokraten war eisig. Steinbrücks Bemühen, das Scheitern seines Profilierungsversuchs als Erfolg zu verkaufen, erwies sich als vertane Energie. Zu offensichtlich haben sich die Grünen mit ihrer Frontfrau Bärbel Höhn auf ganzer Linie durchgesetzt. „Der Zentralangriff auf die Substanz unserer Partei, auf die Umweltpolitik, ist gescheitert“, triumphierte ein grüner Delegierter. Und statt „Rot pur“ im Kabinett gebe es jetzt ein mit grüner Tinte geschriebenes Konsenspapier, fügte er hinzu.

Wie Peer Steinbrück dieses Debakel politisch überleben will, ist ein Rätsel. Unstrittig war das Ansehen der von ihm geführten Landesregierung vor dem provozierten Krach schlecht. Die Überlegung schien nicht absurd, durch eine politische Initiative Handlungsspielraum zurückzugewinnen und das sozialdemokratische Profil gegenüber den viel öffentlichkeitswirksameren Grünen zu verdeutlichen. Aber offenbar fehlten Steinbrück die Erfahrung und auch die Phantasie, sich das mögliche Ende des Konflikts auszumalen. Mit einem Steckenbleiben des roten Bulldozers in der grünen Gummiwand hatte er einfach nicht gerechnet. Dumm gelaufen also. Nun hat Grün das Rot aus der Koalitionspalette mehr oder weniger deutlich herausgewaschen. Und Steinbrück muss den Genossen nicht nur erklären, warum der graue Himmel blau, sondern auch, warum das ganze ein Erfolg gewesen ist.

Gerd Appenzeller

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