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Eyecatcher: Der Citroën C4 Cactus ist ein Auto, nach dem man sich umdreht.

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Fahrbericht Citroën C4 Cactus: Wellnessgefühl auf Rädern

Eyecatcher mit Airbumps - doch der neue Citroën C4 Cactus fällt nicht nur äußerlich auf. Innen setzt der freche Franzose auf Luxus wie in einer Lounge - und einen spritzigen Motor unter der Haube.

Wollen Sie 100 000 Euro sparen und dennoch ein Auto fahren, nach dem sich garantiert jeder, so wie nach einem seltenen Ferrari, umdreht? Dann seien Sie mutig und fahren den neuen Citroën C4 Cactus. Der ist alles andere als angepasst. Quasi eine Zeitmaschine der besonderen Art, weil er Sie in die Ära der Ente und der legendären Göttin zurückbeamt – in die Ära, als Citroën-Modelle mit Innovationen in Sachen Design und Technik glänzten.

Abgespeckter C4

Mit dem Cactus muss sich Citroën nicht mehr seines neuen Slogans „Créative Technologie“ schämen. Im Hingucker stecken nämlich mehrere Weltpremieren,  die alle einem Ziel dienen: Kann weniger letztlich mehr sein? Was also braucht der sich vierrädrig fortbewegende Mensch wirklich und was nicht?  Klar, möglichst wenig Gewicht, weil ein schwereres Auto mehr verbraucht. Also speckte der C4 Cactus gegenüber dem normalen C4 gut 200 Kilo ab! Ohne teure Materialien, einfach durch teils intelligenten Verzicht wurde das Basisgewicht auf unter 1000 Kilogramm gerückt.

Mit viel Aufwand im Detail: simple Ausstellfenster im Fond statt elektrischer Fensterheber, minus elf Kilo. Glasdach mit hohem UV-Schutz, dafür ohne Jalousie, minus sechs Kilo. Weil die direkt in den Scheibenwischerarmen platzierten Waschdüsen weniger Wasser brauchen, konnte der Waschwasserbehälter um die Hälfte kleiner ausfallen als bei konventionellern Systemen. Nur im Ganzen klappbare Rücksitzlehne, minus 7,5 Kilo. Gut, superpraktisch ist die nicht, deshalb soll es Anfang 2015 eine optionale 50:50 geteilte Fondlehne geben.

Mutig: Die Airbumps, mit Luftkapseln gefüllte Thermourethan-Polster (hier in braun), halten Stöße von bis zu 5 km/h aus.

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Was will der Mensch noch? „Sein“ individuelles Auto, kein Allerweltsmobil. Das beginnt schon bei den sogenannten Airbumps, mit Luftkapseln gefüllte Thermourethan-Polster, welche Stöße bis zu 5 km/h aushalten. Die vor Parkremplern ebenso schützen wie vor Einkaufswagen-Kratzer auf dem Supermarkt-Parkplatz. Drei Jahre Entwicklung und neun Patente stecken in dieser Weltneuheit. Die Airbumps gibt es in vier Farben, dazu kommen 10 Karosseriefarben und drei verschiedenfarbige Innenausstattungen. Das ergibt so viele Kombinationsmöglichkeiten, dass jeder sich „sein“ ganz eigenes Auto zusammenstellen kann. Wo findet man das sonst? Allerdings sind einige ganz verrückte Varianten doch ausgeschlossen.

Sessel wie in einer Lounge

Tür auf und einsteigen. Das gelingt beim 1,49 Meter hohen Kompakten (Golf 1,45 Meter) erstaunlich gut. Locker rutscht man in den breiten Sessel und schaut auf ein ganz anderes, angenehm reduziertes Cockpit. Kaum Knöpfe und Schalter, dafür zwei Bildschirme. Willkommen in der digitalen Welt. Um es kurz zu machen: Nach kurzer Eingewöhnung bedient man über den großen Berührungsbildschirm das Auto (Klima, Radio, Navi, Bordcomputer) ganz selbstverständlich. Alles erklärt sich fast von selbst. Die digitalen Anzeigen hinter dem griffigen Lenkrad sind gut ablesbar.

Überhaupt, man wähnt sich in einer fast vergessenen Welt und entdeckt ein neues „Reisegefühl“: Das große Handschuhfach erinnert an den Deckel eines alten Reisekoffers. Das geht, weil der Beifahrerairbag – eine weitere Weltneuheit – im Dachhimmel sitzt und sich von oben entfaltet. Die breite Armlehne trägt statt konventionellem Griff eine Schlaufe wie die von einem Reisekoffer aus Omas Zeiten. Die breiten Sessel im Lounge-Stil der ersten Klasse eines Kreuzfahrers umschmeicheln einen. Man entspannt in diesem Auto ungewöhnlich schnell, fährt ohne Aggressionen – und genießt dieses Wellnessgefühl auf Rädern. Denn anders als viele „hart gemachte“ Sportler hat dieser Cactus das Federn nicht verlernt.

Erfreut stellt man beim Fahren fest,  dass Omas Sofa-ähnliche Sessel trotz ihrer Weichheit den Körper ordentlich abstützen. Im Fond hätte die Bank allerdings etwas mehr Polsterung vertragen können. Dafür ist die Beinfreiheit in dem nur 4,16 Meter langen Auto (Golf 4,26 Meter) überraschend gut. Und auch der Kofferraum bietet ordentliche 348 Liter (Golf  380 Liter).

Auffalleffekt für 20 490 Euro

Der von uns gefahrene brandneue 110 PS starke, nur 1,2 Liter große Dreizylinder-Turbo scheint auch am liebsten im Entspannungsmodus zu laufen. Frei von Hektik, zieht er schon bei niedrigen Drehzahlen ordentlich los und lässt so selbst in der Stadt eine schaltfaule Fahrweise zu. Allerdings fehlt ein Drehzahlmesser, so dass man „nach Gehör" fahren muss. Dabei stellt man vor allem auf der Autobahn fest, dass Citroen doch etwas zu viel an Dämmstoff gespart hat.  Wegen des fehlenden sechsten Ganges wird es dann schon etwas laut. Also auch dort lieber wieder zurück in den Entspannungsmodus! Der Bordcomputer zeigt 5,5 Liter Verbrauch an; nicht viel mehr als die 4,7 Liter Normverbrauch. 

20490 Euro verlangt Citroën für unseren PureTech e THP 110 Shine, das Benziner-Topmodell der Reihe. Inklusive Navigationssystem, einjährigem Internetzugang, Rückfahrkamera, 16-Zoll-Aluräder und natürlich dem Auffalleffekt. Fair. Mit 82 PS starkem Dreizylinder ohne Turbo startet der gut ausgestattete Cactus bei 16290 Euro. Die 13990 Euro Euro für das Basismodell VTi 75 Start  mit 75 PS sollte man sich schenken. Das hat keine hinteren Kopfstützen und weder Klimaanlage noch Radio.

Freude am Fahren: Der Citroën C4 Cactus gefällt mit seiner Durchzugsstärke.

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Unter den insgesamt sieben Motorversionen befinden sich neben den beiden Benzinern auch zwei Dieselmotoren. Der Cactus BlueHDi 100 mit 99 PS und einem Normverbrauch von 3,4 Litern pro 100 Kilometer (als Modell Live ab 18990 Euro) sowie der Cactus BlueHDi 100 Airdream mit 99 PS und einem Normverbrauch von nur 3,1 Litern pro 100 Kilometer (als Modell Feel ab 20140 Euro). Beide Selbstzünder erfüllen dank zusätzlicher Harnstoffeinspritzung und SCR-Katalysator bereits die Euro-6-Abgasnorm. Beide sind jedoch nur mit einer Fünfgang-Handschaltung lieferbar. Wer eine Automatik wünscht, muss sich mit der hauseigenen automatisierten Sechsgangschaltung ETG6 anfreunden, die  nur im Cactus eHDi 92 mit 92 PS und einem Normverbrauch von 3,5 Litern pro 100 Kilometer (als Modell Feel ab 20240 Euro) angeboten wird. Diese Version erfüllt jedoch lediglich die Euro-5-Abgasnorm. Wir sind dieses Modell gefahren. Sofort fällt gegenüber dem Benziner die lautere Geräuschkulisse auf. Im aus Gewichtsgründen sparsam gedämmten Cactus verhehlt der prinzipiell etwas lautere Selbstzünder sein Arbeitsprinzip nicht.

Genial einfache Halbautomatik

Dafür gefällt seine Durchzugsstärke – trotz der Besonderheit des automatisiertem Schaltgetriebes. Das unterbricht nämlich bei jedem Gangwechsel kurz die Zugkraft des Motors, und das Auto nickt beim Schalten. Wer sich darauf einstellt und beim Schalten kurz das Gaspedal lupft, fährt ohne Nickeinlagen und kommt zwar minimal langsamer, aber dafür kommoder ans Ziel. Diese entspannte Fahrweise passt auch viel besser zum beruhigenden Wesen des Autos mit dem irreführenden Namen Cactus. Unter viereinhalb Liter echter Verbrauch sind im Alltag locker drin.

Doch lohnt sich der Diesel nur für Hardcore-Kilometerfresser, denn gegenüber dem Benziner liegt der Aufpreis zwischen 4000 Euro (82-PS-Version) und 2000 Euro (110-PS-Version). Da fährt man erst nach Jahren in den grünen Bereich. Genial einfach erfolgt die Steuerung der Halbautomatik: Es gibt dafür in der Mittelkonsole nur drei Knöpfe: N (Leerlauf), R (rückwärts) und D (vorwärts). Das ist echt Klasse – und einmal mehr typisch Citroën.

Genial einfach: Für die Steuerung der Halbautomatik gibt es in der Mittelkonsole nur drei Knöpfe: N (Leerlauf), R (rückwärts) und D (vorwärts).

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Nur bei der Wahl des Namens hatten die Franzosen kein glückliches Händchen: ein Cactus ist bekanntermaßen eine Planze mit unangenehmen Stacheln; diese vierädrige Version jedoch alles anders als stachlig und unangenehm. Die Bezeichnung Cactus, so versicherten uns die Franzosen, soll auf die Genügsamkeit aufmerksam machen, welche Planze und Auto verbinden. Ach, so. Warum aber der neue Auffall-Citroën C4 Cactus heißt, konnte keiner der Citroen-Leute so richtig erklären.

Citröen mit Mut in die Zukunft

Denn der Cactus baut auf der neuen Einser-Plattform von PSA auf, die für die Franzosen ähnlich wichtig ist wie der Modulare Querbaukasten von VW. Sie erlaubt nämlich unzählige Modifikationen ohne extrem großen Aufwand. Der C4 hingegen baut noch auf der alten Plattform auf, die schwerer ist und weniger Spielraum zulässt. Beide Autos haben also bis auf den nahezu gleichen Radstand von 2,60 Metern (Golf 2,64 Meter) nichts miteinander gemein. Und auf der neuen Einser-Plattform von PSA dürften in den nächsten Jahren noch einige Überraschungen auf uns zukommen.

Citroën schaut mit Mut zurück und ist so mutig auf dem Weg in die neue Zukunft. Schluss mit Langeweile und Einheitsbrei. Her mit Laissez-faire, selbst wenn das hier und da mit gewissen Unzulänglichkeiten verbunden ist. Doch auch darin liegt ja ein gewisser Reiz.

PS: Bestellt werden kann der Cactus zwar schon jetzt, doch erst am 13. September rollen die ersten Autos zu den Kunden.

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