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Rennrad-Klassiker vom Sammler: Der Fahrradjäger von Friedrichshain

Vintage-Rennräder aus Berlin-Friedrichshain: Mathias Henfling pflegt seine Leidenschaft zu alten Velos - und erfüllt Träume echter Kenner.

Friedrichshain, eine kleine Altbauwohnung. Draußen vor der Tür sieht alles ganz normal aus. Aber wer die Wohnung betritt, der hat keine Chance zu übersehen, welchem Thema die Leidenschaft von Mathias Henfling gehört: 25 Fahrräder sind verteilt auf die Räume, allein im Wohnzimmer sind zehn Stück aufgebaut. „Es sieht aber noch sehr wohnlich aus“, kommentiert der Student, um gleich hinterherzuschieben: „Viele meiner Freunde denken mit Sicherheit, ich bin verrückt.“

Denn in Henflings Leben dreht sich so einiges um Fahrräder: Er fährt leidenschaftlich, er hat sich in die Geschichte des Sports eingearbeitet – und er sammelt und handelt antike Rennräder. Auf seiner Website zeigt er die Früchte seiner Arbeit.

20 Euro für ein Sammlerstück

„Eigentlich hat alles vor vier Jahren angefangen“, erzählt Henfling. „Ich war in Frankreich im Urlaub und hatte auf einem Flohmarkt dort ein tolles altes Fahrrad erstanden. Ich bekam dann aber schnell einen Platten und stellte fest: Das sind aber merkwürdige Reifen. Wieder zurück in Berlin bin ich gleich in einen Fahrradladen, um es reparieren zu lassen – und der Verkäufer sagte: 'Mensch, da haben Sie ja ein wirklich schönes Rad'“, erinnert er sich. Henfling maß den Worten nicht all zu viel Bedeutung bei, schließlich hatte er selbst gerademal 20 Euro bezahlt. „Dann aber sagte der Händler: ’Sie wissen schon, was Sie da haben, oder? Dieses Rad ist gut 1000 Euro wert.' Es war ein Peugeot PX10 mit kompletter Campagnolo Super Record Ausstattung, das Feinste vom Feinen.“

Was einmal klappt, das klappt auch öfter, dachte sich der Radfreak. Heute sichtet er Flohmärkte in Frankreich und Deutschland auf der Suche nach Fundstücken. Seine Beute muss er dann in aller Regel aufarbeiten – was zur Wissenschaft werden kann. Denn Sammler gucken auf vieles, wenn sie ein Rad beurteilen: Wo kommen die Rohre her, aus denen der Rahmen gebaut ist? Wie sind sie gefertigt und veredelt, damit das Rad möglichst leicht und stabil wird? Welche Laufräder, Schaltung, Bremsen und Hebel waren ursprünglich montiert? Und – was tun, wenn irgendetwas an einem 50 Jahre alten Stück fehlt?

„Es gibt viele Foren im Internet, in denen Teile ausgetauscht werden“, erklärt Henfling. „Der Handel funktioniert da sehr gut, die Recherche kann aber viel Zeit in Anspruch nehmen. Am Ende findet man über eBay irgendwo in den USA das richtige, winzig kleine Ersatzteil und muss dann auch noch die Zollkosten dafür übernehmen.“

"So ein Exemplar bekommt man nur ein Mal im Leben"

Dazu kommt der Aufwand der Restauration. Denn jedes Rad, das er kauft, nimmt der Student komplett auseinander, er putzt, repariert, ersetzt, schmiert und rekonstruiert. Henflings Anspruch ist es, dass seine Stücke auch vor den Augen derjeniger bestehen, die sich auskennen: „Es freut mich immer, wenn ich merke, dass der Käufer das Rad auch wirklich wertschätzt“, beschreibt der Sammler und erzählt von Fan-Treffen in England oder anderswo: „ Die 'Eroica' ist ein bekanntes Rennen historischer Räder in Italien. Da freue ich mich natürlich, wenn ich eins meiner Stücke für die Fahrt zur Verfügung stellen kann.“

Dem roten "C.B.T. Italia" trauert Henfling noch immer hinterher: "Ich habe das Rad an einen Schweizer verkauft, der extra dafür nach Berlin kam. Am Abend im Bett fragte ich mich, was ich da eigentlich getan habe - so ein Rad findet man nur ein Mal." Der italienische Hersteller ist seit den 50ern bekannt für hochwertige Räder, alte Modelle sind aber kaum noch zu sehen.

© Mathias Henfling

1500 Euro kann ein seltenes Rennrad in restauriertem Zustand schon einmal kosten, auch wenn es schon für sehr viel weniger schöne Exemplare gibt. Henfling muss immer wieder entscheiden, ob er gerade Liebhaber oder Händler sein will. Und nicht immer liegt er im Nachhinein richtig: „Ich hatte mal ein sehr seltenes, rotes Rad von C.B.T., einem feinen italienischen Hersteller“, erinnert er sich. Käufer war ein Schweizer Sammler, der eigens nach Berlin kam, um das edle Stück abzuholen. „Aber am Abend lag ich im Bett und dachte noch mal darüber nach, was ich da gerade getan hatte – so ein Exemplar bekommt man nur ein Mal im Leben.“

Aber, auch wenn das wirklich so sein sollte, Henfling wird weitersuchen.

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