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Politik: … der Bär los ist

Es war einmal ein kleiner Bär, der lebte glücklich und zufrieden im großen, tiefen, deutschen Wald. Schleckte süßen Honig, fing fette Fliegen und ließ den lieben Gott einen guten Grizzly sein.

Es war einmal ein kleiner Bär, der lebte glücklich und zufrieden im großen, tiefen, deutschen Wald. Schleckte süßen Honig, fing fette Fliegen und ließ den lieben Gott einen guten Grizzly sein. Eines Tages aber sagte die Mutter zu dem kleinen Bären, hör zu, sagte sie und ließ ihre Mundwinkel noch ein wenig tiefer fallen als sonst, das Leben ist nicht so süß und fett und gut, wie du denkst, unser deutscher Wald ist krank, sehr schwer krank, und ich kann dich nun nicht länger an meinem Busen nähren. Hartz IV, die blöden Bayern, das Gesundheitswesen, kein Olli Kahn im Tor – das wächst mir alles über den Kopf. Kurz und bärig: Du musst jetzt erwachsen werden. Zieh in die Welt hinaus und suche selbst dein Glück! Das ließ sich der kleine Bär nicht zweimal sagen, schnürte sein Bündel und trollte sich.

Jahre vergingen. Jahre, in denen der kleine Bär viel sah und nichts verstand. Denn überall, wo er hinkam und seinen Höchststeuersatz von 36 Prozent vorschlug, hieß es, das können wir nicht machen, das geht so nicht, das hat uns deine Mutter verboten. Mit der Zeit wurde der kleine Bär mürrisch und mürbe und müde, Geheimratsecken wuchsen über seiner Stirn, und er beschloss, dass ihm der deutsche Wald gestohlen bleiben könne. Zur Hölle, dachte das Bärchen, mit den Müttern der Nation.

Von heute bis zum 22. Oktober nun verabschiedet sich der kleine Bär unwiderruflich von Macht und Welt und Wald. Der Ort: die Neue Nationalgalerie in Berlin. Die Zeit: täglich ab 22 Uhr bis in die frühen Morgenstunden hinein. Das Ganze wird getarnt als eine vom DAAD organisierte Performance eines, haha, britischen Künstlers namens Mark Wallinger. Dieser, so wird uns weisgemacht, schlüpfe in ein Bärenkostüm, um sich nächtens mutterseelenallein in Mies van der Rohes gläserner Ausstellungshalle aufzuhalten. Was er dort tut? Fliegen fangen, die letzten MoMAReste aus den Ecken kratzen, viel schlafen und ab und zu mit einem gezielten Tatzenhieb all jene Beobachter verscheuchen, die sich seinetwegen die Nasen an der Scheibe platt drücken.

Woher wir so genau wissen, dass Mark Wallinger nur ein Pseudonym ist und kein Geringerer als unser Friedrich Merz im Bärenfell steckt? Nun, Angela Merkel soll sich für die Premiere angekündigt haben. Und die kommt nur, um Honig aus der Situation zu saugen. Und wenn sie sicher sein kann, dass von innen garantiert keiner mehr mit Steinen schmeißt. Le.

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