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Politik: … der SPD die Tränen ausgehen

Aschermittwoch, nun ja. Die einen durften nicht so, wie sie wollten, die anderen konnten nicht so, wie sie gedurft hätten.

Aschermittwoch, nun ja. Die einen durften nicht so, wie sie wollten, die anderen konnten nicht so, wie sie gedurft hätten. Platzeck in Bayern – das war wie Bambi im Tierkinderzoo, Politik zum Streicheln und Kuscheln. Dabei hat die SPD ja einen höchst versierten Bierzelt-Einpeitscher, Ludwig Stiegler, doch sie traut sich offenbar wegen des Koalitionsfriedens nicht, ihn loszulassen; er musste deshalb gestern vor Tau und Tag Dienst tun in der Diaspora des Morgenmagazins. Angela Merkel lebe davon, sagte er, „dass sie auf einem sozialdemokratischen Programm arbeitet und das Trinkgeld erntet für die Gerichte, die wir in der Küche zubereitet haben“.

Stiegler-Astrologen reagierten darauf verblüfft. Denn die alte Fassung der Trinkgeld-Metapher lautete: „Es kann nicht sein, dass wir in der Küche stehen, mit tränenden Augen Zwiebeln schneiden, und draußen kassiert eine strahlende Kanzlerin das Trinkgeld.“ Leute: Wo sind die Tränen? Und wo ist Angela Merkel, draußen vor der Küche? Arbeitend auf dem SPD-Programm? Oder doch winkend auf dem Sonnendeck, wie SPD-Generalsekretär Hubertus Heil kürzlich mutmaßte, „während die SPD mit harten Themen im Maschinenraum schwitzt“?

Vermutlich ist es so, dass die Sozialdemokraten zurzeit zwiegespalten sind. Die einen schuften im Maschinenraum und schwitzen, die anderen stehen in der Küche und haben keine Tränen mehr. Oder keine Zwiebeln. Immerhin: Sie bereiten noch immer etwas zu. Arbeitsgerichte vermutlich, eventuell auch Sozialgerichte, irgendetwas Scharfes mit rotem Pfeffer, nouvelle cuisine socialiste? Das erste kreative Rezept, lauwarmer Gesundheits-Soli à la Lauterbach mit leichter Sauce Gysi, scheint indessen draußen nicht so angekommen zu sein, man muss argwöhnen, dass das Zeug sofort in den Maschinenraum geschüttet wurde, um dort die harten Themen etwas aufzuweichen.

Nur: Warum sollten die Gäste deshalb Trinkgeld zahlen, und das auch noch an Angela Merkel, die sich doch sonnt, statt die bestellte Suppe zu servieren? Offenbar erkannte Stiegler als erster einen Taktikwechsel: Die Kanzlerin hat aus Furcht vor Sonnenbrand das Sonnendeck verlassen. Sie steht jetzt schattig mitten auf dem SPD-Programm, keiner kriegt es mehr auf, und die Gäste drücken ihr fette Trinkgelder in die Hand und sagen: Stimmt so.

Nur: Irgendwann fällt auf, dass man Trinkgeld nicht essen kann. Dann schlägt die Stunde der SPD. Ein sicherer Hit zum nächsten Aschermittwoch: Ludwig Stiegler mit seinem Protestsong „Sag mir, wo die Zwiebeln sind“. bm

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