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Politik: … es beinahe anders gekommen wäre

Vielleicht, wenn es damals schon Kindergeld gegeben hätte, ja, womöglich hätte Jesus seine Maria Magdalena dann geehelicht. Und dann wäre heute Ruhe und der Papst brauchte Dan Brown nicht zu ächten, sondern könnte das Paar samt Nachkommen als immer noch vorbildliche Kleinfamilie preisen.

Vielleicht, wenn es damals schon Kindergeld gegeben hätte, ja, womöglich hätte Jesus seine Maria Magdalena dann geehelicht. Und dann wäre heute Ruhe und der Papst brauchte Dan Brown nicht zu ächten, sondern könnte das Paar samt Nachkommen als immer noch vorbildliche Kleinfamilie preisen. Aber nun ist es ja anders gekommen.

Nun kommt bald die Verfilmung von Browns Thriller „Da Vinci Code“ in die Kinos. Und darin wird Tom Hanks ganz im Sinne von Frau von der Leyen den Satz sagen: „Christus und Maria Magdalena müssen ein Kind gehabt haben.“ Ob das nun ein ungeheuerlicher Satz ist, ein blasphemischer, Gott, das sollen die Exegeten herauskriegen. Man könnte allerdings auch sagen: Ist doch nur ein Buch, ein Thriller zumal, Trivialliteratur also. Trivi was? Gibt es das überhaupt noch?

Damals, in jenen 70er Jahren, als die Welt noch übersichtlich war, da war Trivialliteratur ein Schimpfwort. Das waren nämlich Bücher, die stammten von Hedwig Courts-Mahler und Johannes Mario Simmel und waren von derartiger intellektueller Überschaubarkeit, dass sie auch von Mario Basler und Zlatko, the Brain, gelesen werden konnten. Dann, etwas später, war Trivialliteratur ein Prädikatsmerkmal. Das waren dann Bücher, die von Umberto Eco stammten oder Tom Wolfe und die waren von derartiger intellektueller Beschaffenheit, dass möglicherweise Mario Basler und vielleicht Zlatko, the Brain, diese Bücher lesen wollten. Sie mussten allerdings den einen oder anderen Begriff nachschlagen. Die Feuilletonisten nicht, aber die rümpften trotzdem nicht die Nase, weil es doch eigentlich schön ist, wenn die Bewohner des Elfenbeinturms herabsteigen. Hey, Elfenbeinturm, das war auch einmal ein Schimpfwort. Vorbei. Der Da-Vinci- Code und die unter dem Titel „Sakrileg“ erschienene deutsche Ausgabe haben jetzt sehr viele Menschen dazu gebracht, dass sie mal im Lexikon nachschlagen, wer denn diese Maria Magdalena überhaupt war, was der Heilige Gral ist und wer Leonardo da Vinci. Mutmaßlich aus dem gleichen Grund, der sie in die MoMA-Ausstellung trieb und nun in Massen vor die Melancholie-Bilder. Obwohl doch kollektive Melancholie wirklich nicht lustig ist.

Zurück zu Jesus, seiner Maria Magdalena und dem hartherzig Kindergeld verweigernden Herodes. Was für eine historische Chance wurde da vertan. Jesus im Erziehungsurlaub, Jesus beim Windeln wechseln, Jesus beim Flasche geben, Jesus, wie er geduldig aufs Bäuerchen wartet, ja, das wäre es gewesen. Aber nun ist es ja anders gekommen.uem

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